Wirbel um Stormy Daniels und neue Vorwürfe gegen Trump
Pornostar bringt neues Ungemach für den US-Präsidenten – Sie sei mit Gewalt bedroht worden und habe Schweigegeld erhalten
Stephanie Clifford sitzt in einem dezent möblierten Fernsehstudio und erzählt, wie ein Mann versucht habe, sie einzuschüchtern. 2011, ein Parkplatz in Las Vegas, sie wollte mit ihrer Tochter, damals noch im Babyalter, einen Fitnesskurs besuchen. Sie kramte noch nach Windeln, als sich ein Unbekannter ihrem Auto näherte. „Lassen Sie Trump in Ruhe. Vergessen Sie die Geschichte“, habe er ihr gedroht. Dann habe er ihre Tochter angeschaut: „So ein süßes kleines Mädchen, es wäre doch schade, wenn ihrer Mutter etwas zustoßen würde“.
Das amerikanische Publikum kennt Stephanie Clifford eher als „Stormy Daniels“, unter dem Namen, den sie sich als Pornodarstellerin zulegte. Sie stammt aus Baton Rouge am Mississippi, mit 17 trat sie zum ersten Mal in einem Stripclub auf, mit 21 begann sie Pornofilme zu drehen. Als 2010 die Tea-Party-Welle durchs Land rollte, spielte sie mit dem Gedanken, sich in ihrem Heimatstaat Louisiana für einen Sitz im US-Senat zu bewerben. Vor zwei Monaten tauchte sie erneut im Rampenlicht auf, völlig unvermittelt, nachdem das Wall Street Journal über eine Schweigevereinbarung zwischen ihr und Donald Trump berichtet hatte. Seither tourt sie durchs Land, wobei der Titel ihrer Tournee Anleihen beim „Make America Great Again“des Präsidenten aufnimmt. „Make America Horny Again“(„Macht Amerika wieder geil“), lautet er.
Ein unmoralisches Angebot
Waren das bislang eher Nischenveranstaltungen gewesen, so suchte Stephanie Clifford am Sonntagabend die renommierteste Fernsehbühne, die man zwischen Seattle und Miami haben kann. Sie ließ sich in 60 Minutes, dem Quotenrekordhalter unter den TV-Magazinen, interviewen.
Die Szene auf dem Parkplatz, erzählt sie, hatte damit zu tun, dass eine Zeitung ihre Geschichte über eine Affäre mit Trump drucken wollte. Fünf Jahre zuvor habe sie Sex mit ihm gehabt, in einer Ho- telsuite am Lake Tahoe. Trump habe sie zum Dinner aufs Zimmer gebeten, wo er ihr als Erstes eine Zeitschrift mit seinem Konterfei auf dem Titel zeigte. „Und ich dann: Jemand sollte diese Zeitschrift nehmen und Sie damit versohlen.“Sie werde seinen Gesichtsausdruck nie vergessen, sagt Clifford schmunzelnd. Jedenfalls habe er seine Unterhose ein Stück heruntergelassen und sich den Hintern versohlen lassen. Damals, so die heute 39-Jährige, habe er ihr eine Rolle in seiner Reality-Show The Apprentice in Aussicht gestellt. „Es war ein Business-Deal“, sagt sie kühl.
2011, so Clifford, habe sie ihre Story für fünfzehntausend Dollar an ein Magazin verkauft. Obwohl sie nicht gedruckt wurde, gibt sie zu verstehen, reichte offenbar schon das Manuskript aus, um jemanden zu veranlassen, sie massiv unter Druck zu setzen. Der Mann auf dem Parkplatz habe ihr solche Angst eingejagt, dass sie später nicht lange überlegte, als sie ein Angebot aus Trumps Umfeld annahm. Michael Cohen, einer der Rechtsberater des Tycoons, soll 130.000 Dollar für ihr Schweigen gezahlt haben – elf Tage vor der Wahl 2016.
Cohen bestreitet, im Auftrag des damaligen Präsidentschaftskandidaten gehandelt zu haben. Cliffords Anwalt Michael Avenatti wiederum sieht seine Mandantin nicht mehr an die Vereinbarung gebunden. Trump, argumentiert er, hätte sie unter dem Pseudonym David Dennison unterzeichnen sollen, habe das aber nicht getan.
Cohen wiederum hat Clifford damit gedroht, sie für jeden einzelnen Fall, in dem sie ihr Schweigen bricht, auf eine Million Dollar zu verklagen. Ihre Retourkutsche spricht Bände: Spektakulärer als in 60 Minutes kann man sein Schweigen kaum brechen.
Eigentlich habe sie das alles für sich behalten wollen, sagt Stephanie Clifford. Doch sie finde sich nicht damit ab, wenn sie zur Lügnerin gestempelt werde.
Nach dem Zweiten Weltkrieg taumelten die Länder, suchten Auswege aus Trümmerlandschaften und erfanden eine Wirtschaftspolitik, von der wir heute noch zehren. Bedacht, Leute in Lohn und Brot zu bringen, griff man nach allen Möglichkeiten. Eine unter vielen war der Tourismus. Was zunächst nur mit einem Dach über dem Kopf, einem Bad auf der Etage für mehrere Gästezimmer begann, mauserte sich mehr und mehr zu Tempeln von außerordentlicher Größe und zu Unterhaltungskulturen archetypisch anmutender Besonderheit.
Da hopsten sie, die Einheimischen, saisonal und nach Programm gutturale Laute gurgelnd, in vierschrötiger Kleidung und mit tierischem Fetisch dekoriert, für Besucher durch die Mehrzweckhallen und Wirtshäuser. Schon der bayrische Kabarettist Gerhard Polt rief einst Anni, der Kellnerin, zu: „Anni, hau d’ Kassettn nei, a Tourist sitzt in da Goststuben“, und dann ging eine Blechblaslawine an Geräuschen los.
Der Dienst am Touristen sollte sich alsbald als „Identität“in die kephalen Windungen einschreiben, um letztlich auf der Deponie rechtsdraller Ideologie zu landen. Die „Heimatabende“standen unter dem Vorsatz, die Fremden in ihren Fremdenzimmern willkommen zu heißen, sie für die Zeit des Urlaubes zu integrieren. So hatte jeder Fremde flugs seinen originalen Sepp und seine Walli.
Unfreiwillig komisch, irgendwie exotisch und etwas zurückgeblieben, wirkten die autochthonen Gestalten. Aber man hatte sie lieb. In kolonialistischem Gestus belächelte man sie, spätnachts wankte man im gemeinsamen Rausch durchs Dorf. Der Knecht in Lederhose mauserte sich über die Jahre zum Herrn. Der herrische Anzug, die modische Jeans, das Kostüm, kurze Röcke hielten Einzug in den Alltag der Menschen. Und was blieb vom trachtigen Gwand übrig? – Nichts. Man war froh, endlich auch zur Zivilisation aufgeschlossen zu haben.
Nur mehr eingefleischte Lokalpatrioten blieben sich treu, indem sie das „altehrwürdige“Gewand hochleben ließen. Diese konservativen Eliten lobten den Trachtenjanker und das Dirndl als Traditionsgut, die Landesregierungen kreierten für ihre Beamten den trachtigen Landesanzug. Die nationalpatriotischen Christsozialen, die urbane bürgerliche Mitte, schwor auf diese Dechiffrierung.
Was die rote Nelke den Sozialdemokraten, waren die weißen Stutzen den Südtirolern, die blaue Kornblume den Alldeutschen und der Efeu den christlichen Ständen noch am Beginn des 20. Jahrhunderts. Man suchte eine symbolische Verbindung, anhand deren es möglich war, sich einig zu sein, ohne viel Worte zu verlieren. In gleicher Weise wie die Kornblume Alldeutschtum vertrat, reüssierte die Tracht als christlich-konservatives Symbol deutsch-ethnischer Traditionalisten.
Die Kornblume, von der FPÖ gern genutzt, geriet durch vielfache Kritik in Schieflage. Die rote Nelke scheint überhaupt nur mehr Repräsentantin eines untergehenden Reiches zu sein. Selbst den Sozialdemokraten ist sie zu aussagekräftig geworden, was ihre Tilgung aus allen Pergamenten zur Folge hatte. Den Schützen ist sie zu links, obwohl sie sich, einstmals einer Tradition folgend, die rote Nelke an den Hut steckten (das rote Nagele erinnert lautmalerisch an die Nägel und das Blut Christi). Dieser Ikonoklasmus, der Reiterstandbilder, überlebensgroße Führerfiguren zu Fall gebracht hat, schaffte es bisher nicht, den Trachtenjanker in den Sturm zu stellen.
Im Gegenteil: Trugen Christkonservative Tracht und Rechtsnationale nur Kornblume, kleiden sie sich nun allesamt und ohne Unterscheidung trachtig. Unabhängig, ob vom Stamme der Austriaken oder der Bayern, sie tun es alle und alle mit demselben Impetus. Abwerzger, Van der Bellen, Kern, Kurz, Platter, Poggenburg, Pröll, Seehofer, Söder, Strache, Kneissl – sie meinen, wenn sie nur Loden mit Stehkragen, Quetschfalte und Wappen- oder Hornknöpfen auf „Volksfesten“tragen, verschmelzen sie mit ihrem, diesem deutschen Volk. Und tatsächlich ist er ein geheiligtes Mittel der Treue und Fraternität – der Trachtenjanker lässt alle Fehler vergessen, er ist eine Carte blanche für alle Vorhaben. Dieses „vulgus in populo“, diese Mischung aus Plebejern und Patriziern, die in Trachtenjanker und Karohemd zu Gabalier rockt, soll das Volk sein? Das lässt sich mit gewissem Unbehagen fragen.
André Poggenburg, Kurz, Strache, Söder unterscheiden sich nicht im Janker und genauso wenig in ihrer Rede. Noch bevor sie zum Sermon ansetzen, weiß man, was sie uns sagen wollen. Gerade weil sie diesen Janker tragen.
Wir sollten uns einig darüber sein, dass wenigstens der Bundespräsident auf das Tragen dieser Juppe verzichtet. Er ist nun wirklich ein Präsident für alle, auch für jene, denen in den letzten Wahlkämpfen von den Janker-Kandidaten immer wieder gesagt wurde, sie wären keine Vertreter des nationalen Traditionalismus und würden daher nicht gefördert.
Der Trachtenjanker, der mit dem AfDler Poggenburg Einzug in die nordostdeutsche Prärie hielt und dem damit endgültig seine rechtsnationale Weihe widerfuhr, kann definitiv nicht mehr falsch verstanden werden. Er kann nur mehr umgenutzt werden.