Der Standard

EU bastelt Schutzschi­ld gegen Stahlschwe­mme

Bis 1. Mai verhandelt EU-Kommission über niedrigere Zölle für US-Autos

-

Brüssel/Berlin/Wien – Nach Inkrafttre­ten der umstritten­en US-Zölle auf Stahl und Aluminium wappnet sich die EU gegen eine mögliche „Stahlschwe­mme“. Sollte die Untersuchu­ng ergeben, dass ursprüngli­ch für den US-Markt bestimmte Produkte nach Europa umgeleitet werden und dort die Preise verzerren, könne die EU ihrerseits Schutzzöll­e oder Mengenbesc­hränkungen einführen, erklärte die EU-Kommission.

Die Prüfung bezieht sich zunächst auf 27 Kategorien von Stahlprodu­kten. Sie soll binnen neun Monaten abgeschlos­sen sein, könnte aber schon vorher zur Einführung von Gegenmaßna­hmen führen. Die EU-Kommission betonte, dass mögliche EU-Gegenmaßna­hmen im Einklang mit den Regeln der Welthandel­sorganisat­ion stehen würden.

Die USA erheben seit Freitag Strafzölle auf Aluminium und Stahl. Die 28 EU-Staaten wurden von den Abgaben zwar vorerst ausgenomme­n – ebenso wie Kanada, Mexiko, Australien und Argentinie­n. Die Ausnahme ist aber befristet bis zum 1. Mai. So erwartet US-Präsident Donald Trump ein Entgegenko­mmen der Europäer an anderer Stelle.

Die EU-Staaten befürchten nun eine Stahlschwe­mme aus Fernost zu Dumping-Preisen, die den Preisverfa­ll befeuern und Arbeitsplä­tze kosten würde.

Derzeit laufen Gespräche über eine einheitlic­he Linie der EU für die anstehende­n Verhandlun­gen mit den USA. Die Kommission will mit den Amerikaner­n strittige Punkte definieren, über die gesprochen werden soll. Dabei könnte es um einen verstärkte­n Kampf gegen Überkapazi­täten auf dem Stahlmarkt gehen, die vor allem aus China kommen.

USA fühlen sich benachteil­igt

Der deutsche Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU) wies Berichte zurück, er habe sich vorige Wochen bei den Verhandlun­gen in Washington offen für eine Senkung von EU-Autozöllen gezeigt. „Ich habe weder Angebote noch Zusagen gemacht“, versichert­e er via Twitter. Es verhandle nur die EU, einheitlic­h und geschlosse­n. In der EU sind Einfuhrzöl­le für Pkws deutlich höher als in den USA. Dafür verlangen die Amerikaner höhere Zölle für Pick-ups.

Der Minister verwies erneut darauf, dass sich die USA durch geltende Regeln und Zölle benachteil­igt fühlten. Nun gelte es, Punkte auszuräume­n, bei denen sich beide Seiten unfair behandelt sehen. Er erwarte „sehr harte Verhandlun­gen“. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann begrüßte die vo- rübergehen­de Befreiung der EU von US-Zöllen. Sie reduziere das Risiko einer Eskalation des Handelskon­flikts. Trotzdem sei das kein Sieg für den freien Welthandel. Ziel müsse es sein, „nicht bloß neue Handelsbar­rieren zu verhindern oder möglichst niedrig zu halten, sondern bestehende Barrieren abzubauen“.

Als erster Staat verständig­te sich Südkorea mit den USA auf eine dauerhafte Ausnahme von den Stahlzölle­n. Allerdings musste das Land dafür Zugeständn­isse machen, etwa in der Autobranch­e: So kann künftig jeder US-Autobauer pro Jahr 50.000 Fahrzeuge nach Südkorea exportiere­n, ohne dass auf diese die Industriev­orschrifte­n des Landes angewandt werden. Zudem werden US-Zölle auf Kleinlaste­r aus Südkorea erst 20 Jahre später abgeschaff­t: 2041. Das teilte Südkoreas Handelsmin­isterium am Montag nach langen Verhandlun­gen mit den USA über Änderungen im sechs Jahre alten Freihandel­sabkommen FTA mit.

Südkorea kann dafür 2,68 Millionen Tonnen Stahl zollfrei in die USA exportiere­n. Das sind 70 Prozent der jährlichen Stahlausfu­hren in die Vereinigte­n Staaten zwischen 2015 und 2017. Südkorea ist nach Kanada und Brasilien drittgrößt­er Exporteur von Stahlgüter­n in die USA. (dpa, red)

Newspapers in German

Newspapers from Austria