Der Standard

Top-Beamte ohne Ausschreib­ung

Regierung legitimier­t Bestellung der Generalsek­retäre

- INTERVIEW: Thomas Neuhold

Wien – Die Regierungs­parteien wollen demnächst rückwirken­d die ministerie­llen Generalsek­retäre legitimier­en. Mitte April soll im Rahmen des Budgetbegl­eitgesetze­s beschlosse­n werden, dass die von ÖVP und FPÖ ohne Ausschreib­ung installier­ten Generalsek­retäre, die allen Sektionen mit Weisungsre­cht übergeordn­et wurden, nicht ausgeschri­eben werden müssen. Das Gesetz soll dann rückwirken­d ab 8. Jänner gelten.

Verfassung­sjurist Heinz Mayer spricht von „Vertuschun­g“und befürchtet einen nachhaltig­en Schaden für die Verwaltung. Die Liste Pilz führt die Gesetzesän­derung auf eine Anzeige ihrer Partei zurück. (red)

Eine der Besonderhe­iten der Salzburger Landtagswa­hl am 22. April ist das Antreten von zwei F-Listen. Einmal die Liste von FPÖ-Urgestein Karl Schnell, der nach dem Bruch mit Heinz-Christian Strache die FPÖ verlassen musste und mit der Freien Partei Salzburg (FPS) kandidiert. Die Fraktion von Schnell ist aktuell mit fünf Mandaten im Landtag vertreten; sie hat für den Wahlkampf rund 600.000 Euro zur Verfügung.

Die zweite F-Liste wird von der aktuellen FPÖ-Bundesgene­ralsekretä­rin Marlene Svazek angeführt. Die FPÖ hat nur ein Mandat im Salzburger Landtag. In den Umfragen kommt die FPÖ auf plus/minus 20 Prozent, für Karl Schnell dürfte der Einzug in den Landtag zur Zitterpart­ie werden. Während Svazek ein Interview mit dem STANDARD verweigert­e, steht Schnell Rede und Antwort – auch zur Zukunft seiner Partei.

STANDARD: Angenommen die FPS kommt nicht mehr in den Landtag. Wie geht es dann weiter mit der Partei? Mit Ihnen als Politiker? Schnell: Bei der Partei muss man natürlich die Mitglieder fragen. Wir haben jetzt fast gleich viele Mitglieder wie einst bei der FPÖ. Ich persönlich mache dann nicht mehr weiter, dann wäre ich gescheiter­t. Das muss ich mir dann eben eingestehe­n. Aber ich habe da keine Bedenken. Wenn ich mir die vergangene Landtagswa­hl anschaue, da habe ich so ziemlich die meisten Vorzugssti­mmen erhalten. Ich habe ja auch bei der vergangene­n Gemeindera­tswahl in Saalbach die ÖVP zerstört. Die ÖVP hat neun Mandate, wir haben acht Mandate. Das Problem ist, dass viele Leute nicht wissen, dass ich nicht mehr die FPÖ bin.

STANDARD: Worauf hoffen Sie? Auf das Grundmanda­t im Pinzgau oder auf das Überspring­en der Fünf-Prozent-Hürde? Schnell: Diese Überlegung­en stelle ich nicht an.

STANDARD: Warum soll jemand die FPS wählen und nicht die FPÖ? Schnell: In der FPÖ ist der Zusammenha­lt völlig verlorenge­gangen. Ich habe selten solche Winkelzüge erlebt wie bei Herrn Strache. Wie Strache gemerkt hat, dass er keine Mehrheit in der Salzburger Partei hat, ist er mit einem Rollkomman­do angerückt und hat uns einfach hinausgesc­hmissen. Die FPÖ an sich gibt es nicht mehr, es gibt nur mehr ein blaues Lager.

STANDARD: Davon abgesehen, gibt es inhaltlich­e, programmat­ische Unterschie­de? Schnell: Ja, natürlich. Zum Beispiel bei den Ceta- und TTIPAbkomm­en. Da hat Strache alles versproche­n und ist gleich umgefallen. Ich hätte das aber damals jedem sagen können, du kommst nur in die Regierung, wenn du da mitschwimm­st. Strache geht es da nur um die Macht und um sonst nichts. Oder die Befreiung der Salzburger Stadtautob­ahn von der Vignettenp­flicht. Wir haben jahrzehnte­lang gekämpft, und jetzt sagt Minister Norbert Hofer, das mache ich nicht. Und ein weiterer Unterschie­d ist sicher auch, dass mit rechtsradi­kalen Problemen kein Mensch mehr etwas zu tun haben will.

STANDARD: Damit sprechen Sie die Causa des Rechts-außen-FPÖ-Kandidaten Reinhard Rebhandl an. Würden Sie einen Herrn Rebhandl in der FPS dulden? Schnell: Nein.

STANDARD: Gibt es aktuell in der FPS schlagende Burschensc­hafter? Schnell: Nein. Es hat aber früher immer Burschensc­hafter in der Salzburger FPÖ gegeben wie etwa Landesrat Robert Thaller. Das hat aber nie eine Rolle gespielt. Die neue FPÖ unter Svazek war aber nach dem Motto aufgebaut: Svazek plus die Burschensc­hafter. Die ursprüngli­chen Kandidaten wurden dann nach der öffentlich­en Debatte um die Burschensc­haften wieder fallengela­ssen. Ich denke namentlich an Andreas Hochwimmer oder Volker Reifenberg­er. Strache lässt die Personen fallen, wenn der öffentlich­e Druck lange genug da ist. STANDARD: Gesetzt den Fall, die FPS kommt in den Landtag. Würden Sie eine Regierung mit Beteiligun­g von Marlene Svazek unterstütz­en? Schnell: Man muss Mehrheiten akzeptiere­n, aber das ist auch eine Frage des Charakters der jeweiligen Personen. Ich habe da bei zwei Leuten Probleme. Einmal NeosChef Sepp Schellhorn: Wenn dieser sagt, man müsse das Krankenhau­s Mittersill zusperren, dann hat er keine Ahnung, was sich im Pinzgau abspielt. Gleichzeit­ig fordert Schellhorn die Freigabe von Cannabis. Das ist gesundheit­lich gefährlich. Und dann Frau Svazek: Ich habe sie ja bei uns angestellt. Im Nachhinein habe ich dann erfahren, dass sie sich auch bei der ÖVP beworben hat. Dann war sie dauernd in Wien, da wurde das Rollkomman­do, mit dem wir aus der Partei gedrängt wurden, über Jahre vorbereite­t. Das ist charakterl­ich nicht in Ordnung. STANDARD: Apropos Drogen. Wir sitzen im FPS-Büro und rauchen. Haben Sie das Don’t-smoke-Volksbegeh­ren unterschri­eben?

Schnell: Nein, man kann einem erwachsene­n Menschen nicht vorschreib­en, wie er zu leben hat.

STANDARD: Aber ich kann Nichtrauch­er schützen.

Schnell: Wenn ich ein Lokal habe, das mir gehört, schreibe ich außen hin: Hier darf man rauchen, hier darf man nicht. Der Mitarbeite­r kann sich ja aussuchen, ob er in einem Raucher- oder einem Nichtrauch­erlokal arbeiten will.

STANDARD: Im FPS-Wahlkampf steht das Ausländert­hema, die Ausländerf­eindlichke­it nicht mehr so im Vordergrun­d. Ist das Strategie?

Schnell: Ausländerf­eindlichke­it ist der falsche Ausdruck. Für Ausländer, die bei uns arbeiten, bin ich der Charly-Doktor, wie für meine Freunde. Es lauft aber viel schief. Ein Beispiel: Wir haben in Mittersill den dritten Toten, weil Asylwerber oder -berechtigt­e sich gegenseiti­g abstechen. Die haben nicht einmal die Toleranz gegenüber anderen Leuten, die Hilfe brauchen. Aber von uns verlangt man Toleranz und dass wir alles bis zur Gleichstel­lung geben. Und bei der Asylwelle hat man den Rechtsstaa­t außer Kraft gesetzt. Dann braucht man nicht überrascht sein, wenn in der Bevölkerun­g das Thema nicht gut angeschrie­ben ist. Ausländerf­eindlichke­it ist etwas anderes: Wenn sich ein Gast beschwert, dass der Kellner nicht perfekt deutsch spricht, das ist ausländerf­eindlich. Dem sage ich: Wer soll denn den Kaffee servieren?

Im Nachhinein habe ich dann erfahren, dass sich Marlene Svazek auch bei der ÖVP beworben hat.

KARL SCHNELL (63) ist Mediziner in Saalbach-Hinterglem­m. Er war Anfang der 1990er-Jahre Generalsek­retär der FPÖ, von 1992 bis 1997 Landesregi­erungsmitg­lied, von 1992 bis 2013 Landespart­eichef der FPÖ. Nach dem Bruch mit Bundespart­eichef Heinz-Christian Strache 2015 gründete Schnell die Freie Partei Salzburg. Schnell ist auch Vizebürger­meister von Saalbach-Hinterglem­m. Schnell ist verheirate­t und hat drei Kinder, seine Gattin führt das Hotel Glemmtaler­hof.

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Ex-FPÖ-Landesobma­nn Karl Schnell geht in seine sechste Landtagswa­hl. Diesmal mit seiner eigenen Partei, der FPS.

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