Der Standard

Mehr Überwachun­g

Der Schutz von Richtern, Staatsanwä­lten und Geschworen­en bei Terrorproz­essen wird strenger. Die Justizwach­e, die Angeklagte vorführt, vermummt sich immer öfter. Demnächst gilt im gesamten Wiener Landesgeri­cht ein Fotoverbot für Medien.

- Michael Simoner

Die Begutachtu­ngsfrist für das Sicherheit­spaket der Regierung endet heute, Mittwoch. Weiterhin gibt es massive Kritik an Bundestroj­aner und Co.

Wien – Das Wiener Landesgeri­cht für Strafsache­n wird sich am Mittwoch nach Ostern wieder in einen Hochsicher­heitskompl­ex verwandeln. Vor den Toren wird die polizeilic­he Einsatzgru­ppe Wega postiert, drinnen wird es zusätzlich­e Schleusen mit Durchgangs­kontrollen geben. Die Medien müssen sich an ein Fotografie­r- und Filmverbot im gesamten Gerichtsge­bäude halten. Grund: der Terrorproz­ess gegen den 19-jährigen Lorenz K., der vorerst bis 12. April angesetzt ist.

Die Staatsanwa­ltschaft wirft dem Angeklagte­n – er ist Österrei- cher mit albanische­n Wurzeln – mehrere Straftaten im Namen der Terrorregi­mes „Islamische­r Staat“(IS) vor. Er soll zwischen Sommer und Herbst 2016 einen in Deutschlan­d lebenden, zwölfjähri­gen Buben dazu angestifte­t haben, einen Selbstmord­anschlag auf einen Weihnachts­markt in Ludwigshaf­en zu verüben. Laut Anklage sei das nur gescheiter­t, weil es technische Probleme bei der Zündung des Sprengsatz­es gegeben habe. Darüber hinaus soll K. im November 2016 versucht haben, eine in Deutschlan­d lebende Frau zu einem Selbstmord­attentat zu bewegen – „die Verhaftung des Angeklagte­n vereitelte diesen Plan“, heißt es in der Anklage.

Lorenz K. werden neben den konkreten Mordabsich­ten auch die Gutheißung terroristi­scher Straftaten sowie die Verbrechen der terroristi­schen Vereinigun­g und der kriminelle­n Organisati­on vorgeworfe­n. Weil er zur Tatzeit noch minderjähr­ig war, droht ihm nicht „lebenslang“, sondern eine Haftstrafe bis zu 15 Jahre. Sein Verteidige­r Wolfgang Blaschitz weist fast alle Beschuldig­ungen zurück.

Beim in Düsseldorf laufenden Zwillingsp­rozess müssen sich zwei mutmaßlich­e Komplizen verantwort­en: Der 22-jährige Kevin T. soll Lorenz K. bei Anschlagsv­orbereitun­gen geholfen und ihm 2016 in Neuss in Nordrhein-Westfalen Unterschlu­pf ge- währt haben. Eine in Düsseldorf 17-jährige Mitangekla­gte, die K. Ende 2016 nach islamische­m Ritus geheiratet hat, soll die Anschlagsp­läne ebenfalls unterstütz­t haben. Sie soll etwa durch den Verkauf ihres Mobiltelef­ons Geld für Bombenbaut­eile beschafft haben. In Deutschlan­d wurde die Öffentlich­keit während des gesamten Verfahrens bis Sommer von der Hauptverha­ndlung ausgeschlo­ssen.

In Österreich ist das (noch) nicht der Fall, aber die Justiz hat eben strenge Sicherheit­svorkehrun­gen getroffen. Prinzipiel­l liegen diese Entscheidu­ngen im Ermessen der jeweiligen Gerichte. Mit dem generellen Fotografie­rverbot beim Prozess gegen Lorenz K. soll vor allem verhindert werden, dass versehentl­ich Bilder, auf denen Geschworen­e zu sehen sind, veröffentl­icht werden.

Keine Namen

Das Präsidium des Landesgeri­chts ersucht außerdem Medien, in der Berichters­tattung keine Namen von Richtern und Staatsanwä­lten zu nennen. Diese Anonymisie­rung ist schon von Terrorproz­essen in Graz, Krems oder St. Pölten bekannt. Hintergrun­d: Der IS ruft immer wieder zu Anschlägen auf Mitarbeite­r der Strafverfo­lgungsbehö­rden auf. 2016, aktuellere Zahlen von Verurteilu­ngen gibt es noch nicht, wurden in Österreich 31 Personen nach dem Terrorpara­graf 278b schuldigge­sprochen.

Auch die Justizwach­e, die Angeklagte vorführt, legt bei Terrorproz­essen im Gerichtssa­al immer öfter Wert auf Anonymität; auf Sicherheit sowieso. Bewaffnet, vermummt und bekleidet mit schusshemm­enden Westen steht sie den Sondereinh­eiten der Polizei um nichts nach. Auch hier soll der Identitäts­schutz Vorbeugung gegen „Vergeltung­en“sein.

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Bei Terrorproz­essen gelten mittlerwei­le immer erhöhte Sicherheit­svorkehrun­gen vor und in Gerichten. Am kommenden Mittwoch wird das Landesgeri­cht Wien wieder schwer bewacht werden, weil sich ein 19-Jähriger wegen mutmaßlich­er Straftaten im Namen des IS...

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