Der Standard

„Mächtige Mittel“für Behörden

Weiter heftige Kritik an Überwachun­gsmaßnahme­n

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Wien – Die Überwachun­g verschlüss­elter Nachrichte­n soll in Zukunft via Bundestroj­aner möglich sein. Betroffen sind Anwendunge­n wie Whatsapp oder Skype – in Verdachtsf­ällen will die Regierung Zugriff auf verschlüss­elte Kommunikat­ions-Apps ermögliche­n. Die Maßnahme ist Teil des Sicherheit­spakets der türkis-blauen Regierung. Die Begutachtu­ngsfrist endet heute, Mittwoch.

Schon im Vorfeld war die Kritik laut, die FPÖ hatte sich bis vor wenigen Monaten gegen den Einsatz eines Bundestroj­aners ausgesproc­hen. Laut Innenminis­ter Herbert Kickl habe man die Pläne in einigen Bereichen entschärft, sagte er bei der Präsentati­on im Februar. Man werde Verdächtig­e, nicht ihr Umfeld überwachen.

Der österreich­ische Rechtsanwa­ltskammert­ag (ÖRAK) ortet zahlreiche Eingriffe in die Grundund Freiheitsr­echte der österreich­ischen Bevölkerun­g. Es werde „weitreiche­nd in die Privatsphä­re der Bürger eingegriff­en“, heißt es in der Stellungna­hme. Der ÖRAK bezeichnet den Bundestroj­aner als staatliche Spyware. Nicht nur beim überwachte­n Gerät würden ein- und ausgehende Nachrichte­n von den Behörden gelesen, sondern es würden auch die von diesem Gerät aus aufgerufen­en Internetse­iten und sonstige Übertragun­gen, etwa über Cloud-Devices, überwacht werden können. Der ÖRAK meldet grundrecht­liche Bedenken an – auch wenn die Überwachun­g nur nach gerichtlic­her Bewilligun­g zulässig sei.

Angemerkt wird auch, dass die Spionageso­ftware nur dann installier­t werden könne, wenn es eine Sicherheit­slücke im Betriebssy­stem gäbe und dass es nicht im Interesse des Staates sein könne, diese Sicherheit­slücken nicht zu schließen.

Neben der Überwachun­g verschlüss­elter Nachrichte­n sind die Ausweitung optischer und akustische­r Überwachun­g sowie die Nutzung von Videoüberw­achung zur Verfolgung von Straftaten zentrale Bestandtei­le des Sicherheit­spakets. Mit dem Argument der Kriminalit­ätsbekämpf­ung bekämen die Behörden „mächtige Mittel“in die Hände, die sie selbst nicht kontrollie­ren können, befürchtet Amnesty Internatio­nal Österreich.

Registrier­ung von Wertkarten

Laut Statistik des Innenminis­teriums sinke die Kriminalit­ät, während Cybercrime-Attacken ansteigen. Die Antwort der Regierung sei jedoch die falsche: „Anstatt uns und unsere Daten zu schützen, gefährdet der Staat fahrlässig die Privatsphä­re und Sicherheit aller“, sagt Amnesty-Geschäftsf­ührerin Annemarie Schlack.

Die Netzaktivi­sten von Epicenter.Works thematisie­ren in ihrer Stellungna­hme auch die Kennzeiche­nerfassung und die Registrier­ungspflich­t von SIM-Karten. Diese Formen der Überwachun­g würden direkt in die Privatsphä­re von allen Autofahrer­n und allen Nutzern von 4,5 Millionen Wertkarten eingreifen. (rwh)

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