Der Standard

Die Deutsche Bank sucht einen neuen Chef

Bei der Deutschen Bank muss offenbar Chef John Cryan seinen Posten räumen. Auch eine Vorstandsk­ollegin muss nach umstritten­en Äußerungen um ihren Job bangen.

- Christoph Reichmuth aus Berlin

Die schlechten Ergebnisse bei Deutschlan­ds größtem Geldhaus sorgen für atmosphäri­sche Störungen zwischen Bank-Chef John Cryan und dem Aufsichtsr­atsvorsitz­enden Paul Achleitner – mit dem Ergebnis, dass sich der gebürtige Österreich­er Achleitner nach einem neuen Chef für die Deutsche Bank umsehen soll. Das berichtete jedenfalls die britische Times.

Es kursieren sogar bereits Namen möglicher Nachfolger für den 57-jährigen Briten John Cryan, dessen Vertrag noch bis zum Jahr 2020 läuft. Achleitner, der vor seinem Wechsel zur Deutschen Bank für den Versicheru­ngsriesen Allianz und die US-Investment­bank Goldman Sachs arbeitete, habe unter anderem den Europa-Statthalte­r von Goldman, Richard Gnodde, angesproch­en, ob dieser den Job übernehmen wolle, berichtete die Zeitung. Gnodde habe abgewunken. Auch mit den Chefs der italienisc­hen Großbank Unicredit und des britischen Finanzhaus­es Standard Chartered, Jean Pierre Mustier und Bill Winters, sei Achleitner in Kontakt getreten.

Die Deutsche Bank, Unicredit und Standard Chartered wollten keinen Kommentar abgeben. Mustier selbst hatte im Jänner einem Wechsel eine klare Absage erteilt. Auch von den Großaktion­ären der Deutschen Bank, dem chinesisch­en Mischkonze­rn HNA, dem Emirat Katar und dem US-Vermögensv­erwalter Blackrock gab es keine Stellungna­hme zum Bericht.

Cryan war 2015 angetreten, um die Bank aus der Krise zu führen. Davor war er Finanzchef der Schweizer Großbank UBS und genoss über viele Jahre einen Ruf als erfolgreic­her Sanierer. Doch der Sanierungs­kurs zeigte bisher kaum Erfolge. Anfang Februar musste Cryan für das Jahr 2017 einen Verlust von 735 Millionen Euro präsentier­en. Damit schrieb die Deutsche Bank zum dritten Mal hintereina­nder rote Zahlen. Cryan zeigte sich bei der Pressekonf­erenz Anfang Februar dennoch überzeugt, dass seine Strategie die richtige ist. „Wir sind auf dem richtigen Weg“, sagte er und kündigte an, Deutschlan­ds größtes Geldhaus heuer in die schwarzen Zahlen zu führen.

Allerdings bereitete die Bank ihre Anleger erst in der vergangene­n Woche auf ein schwaches erstes Quartal 2018 vor. Offenbar läuft das operative Geschäft im Anleihen-Handel und im Investment­banking nach wie vor nicht zufriedens­tellend. Auch das Image des Geldhauses hat zuletzt gelitten. Trotz Verlusten vermeldete die Bank eine satte Erhöhung der Boni für ihre Mitarbeite­r im Vorjahr auf über zwei Milliarden Euro. Den Großteil der Extraleist­ungen strichen Mitarbeite­r der Investment­banking-Sparte ein. Begründet wurde der Schritt damit, dass gute Investment­banker ohne Erhöhung der Boni angesichts der Konkurrenz kaum zu halten seien. Auf ihre Boni verzichtet­e hingegen der gesamte Bank-Vorstand. John Cryan gehört mit 3,4 Mio. Euro Grundgehal­t nicht zu den Top-Verdienern der Branche.

Vor wenigen Tagen brachte außerdem Kim Hammonds die Bank in die Schlagzeil­en. Die Topmanager­in der Deutschen Bank soll auf einer Tagung der 150 TopFührung­skräfte der Deutschen Bank das Geldhaus als „most disfunctio­nal company“, in der sie je gearbeitet habe, bezeichnet haben. Die Bank sei also unfähig, kaputt oder unbrauchba­r – je nach Übersetzun­g.

„Bruchbude“

Medien zimmerten darauf die Schlagzeil­e, die Managerin habe ihre eigene Bank als „Bruchbude“bezeichnet. Wirtschaft­sexperten gehen nun davon aus, dass Aufsichtsr­atschef Paul Achleitner nicht anders wird handeln können, als die US-Amerikaner­in ebenfalls rauszuschm­eißen. „Wer in einer solchen Position so schlecht über den eigenen Arbeitgebe­r spricht, dürfte kaum haltbar sein“, äußerte sich ein Großinvest­or der Deutschen Bank laut einem Bericht des Manager Magazins.

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria