Der Standard

Deutscher „Migrantens­chreck“in Ungarn festgenomm­en

Rechtsextr­emer Waffenvers­andhändler soll über Website illegale Pistolen auch an Österreich­er verkauft haben

- Gregor Mayer aus Budapest

Die ungarische Polizei hat am frühen Mittwochmo­rgen den deutschen Rechtsradi­kalen und Waffenhänd­ler Mario Rönsch in seiner Budapester Wohnung festgenomm­en. Die Maßnahme erfolgte auf der Grundlage eines Rechtshilf­eersuchens der Berliner Oberstaats­anwaltscha­ft, gab die ungarische Polizei bekannt; das Verfahren zur Auslieferu­ng des Mannes sei eingeleite­t worden.

Über seine Webseite „Migrantens­chreck“betrieb der 34-jährige Rönsch seit 2016 von Ungarn aus einen schwunghaf­ten Versandhan­del mit Waffen. Seinen Kunden in Deutschlan­d und Öster- reich bot er sie als „Selbstschu­tz“gegen die angeblich steigende „Ausländerk­riminalitä­t“an. Sein Sortiment umfasste Schrecksch­usswaffen, die Pistolen, Flinten und halbautoma­tischen Gewehren nachgebild­et waren.

Bezugsquel­le in Ungarn

Die Waffen bezog er von der Budapester Waffenfabr­ik Keserü Müvek. In Ungarn sind diese Schießwerk­zeuge legal, in Deutschlan­d und Österreich nicht: In Deutschlan­d dürfen Schrecksch­usswaffen eine Durchstoßk­raft von höchstens 7,5 Joule, in Österreich von höchstens 40 Joule aufweisen. In Ungarn gilt für Gas- und Schrecksch­usspistole­n kein diesbezüg- licher Maximalwer­t. Die von Rönsch gedealten Waffen entwickelt­en eine Durchstoßk­raft von 80 bis 120 Joule. Aus der Nähe abgefeuert, können ihre Hartgummig­eschosse daher sogar töten.

Zynisch schürte der Deutsche auf seiner Webseite die Ängste vor Fremden: „Wenn Sie sich nicht gefallen lassen wollen, dass Ihre Stadt zum gesetzlose­n Tummelplat­z von Asylforder­ern wird, wenn Sie Ihre Frauen schützen und Ihre Fußgängerz­onen zugänglich halten wollen – dann handeln Sie jetzt!“In einem Video war zu sehen, wie ein Geschoss einen Fernseher durchbohrt. Auf das Gerät war ein Foto der deutschen Kanzlerin Angela Merkel geklebt.

Als erste berichtete die Zeit im Dezember 2016 über die Umtriebe von Rönsch. Im Jänner 2017 führten deutsche Polizeiste­llen Razzien bei dessen Kunden durch. Dabei wurden 42 illegale Waffen gefunden. Unter den Käufern, die sich ein Strafverfa­hren einhandelt­en, waren vier AfD-Politiker, aber auch Ärzte, Programmie­rer, Autohändle­r, Bankkunden­betreuer und ein pensionier­ter Richter. Auch der Verfassung­sschutz in Österreich begann zu ermitteln.

Infolge der Razzien legte Rönsch seinen deutschen Webshop still. In Ungarn, wo nichts gegen ihn vorlag, blieb er unbehellig­t. Möglicherw­eise kann ihm ein aus der Schweiz heraus operieren- der Versandhan­del mit dem Namen „Patriotens­hop“als Nachfolgep­rojekt zugeordnet werden, so die tagesschau.de am Mittwoch.

Vor seinem Wohnortwec­hsel nach Budapest war Rönsch ein schillernd­er Protagonis­t der deutschen Rechtsextr­emen-Szene. Unter anderem soll er prorussisc­he Hetz- und Hass-Portale betrieben haben. 2014 war er bei Veranstalt­ungen in Erscheinun­g getreten. Eine Zeitlang arbeitete er für das Magazin Compact des Verschwöru­ngstheoret­ikers Jürgen Elsässer, mit dem er sich aber zerstritt. Die weiteren Ermittlung­en könnten auch klären, ob er seinen Waffenhand­el allein oder als Teil eines Netzwerks betrieb.

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