Deutsche Bank stellt Investmentbanking auf Prüfstand
Geprüft wird der Handelsbereich, vor allem in den USA – Am Ende könnten Stellenstreichungen stehen
Frankfurt – Die Deutsche Bank hat mit einer Überprüfung ihres kriselnden Investmentbankings begonnen. Am Ende dieses umfassenden Checks sollen Empfehlungen an den Vorstand stehen, die theoretisch auch weitere Stellenstreichungen und den Rückzug aus oder die Stärkung von speziellen Aktivitäten beinhalten könnten, wie eine mit der Sache vertraute Person sagte.
Überprüft wird nach Angaben des Insiders vor allem der Handel mit Anleihen, Aktien, Devisen und Rohstoffen – insbesondere in den USA, aber nicht ausschließ- lich dort. Die Bank wollte die Informationen nicht kommentieren. Bloomberg hatte zuerst über die „Project Colombo“genannte Prüfung berichtet.
Die Sparte Investmentbanking der Deutschen Bank war in den vergangenen Jahren nach der Finanzkrise kräftig gestutzt worden, unter anderem weil die Kosten zu hoch waren und sich die Bank aus einer Reihe von Geschäften verabschiedet hat. Der Bereich steht zwar immer noch für einen Großteil der Erträge, kostet wegen der hohen Boni für die Investmentbanker allerdings auch viel Geld. Zuletzt hatte Finanzchef James von Moltke davor gewarnt, dass der starke Euro die Gewinne der Investmentbank im ersten Quartal deutlich belastet hat.
Wie lange die Prüfung dauern soll und wie die am Dienstag bekannt gewordene Suche nach einem neuen Chef für die Bank das Projekt beeinflusst, ist unklar.
Marcus Schenck, der zusammen mit Garth Ritchie die Investmentbank der Deutschen Bank leitet, gilt als ein möglicher interner Kandidat für die Nachfolge des britischen Vorstandschefs John Cryan. Cryan soll offenbar in absehbarer Zeit vorzeitig abgelöst werden. Wie Reuters am Dienstag erfuhr, hat Aufsichtsratschef Paul Achleitner bereits mit der Suche nach einem Nachfolger begonnen.
Tauziehen um Ausrichtung
Das Investmentbanking steht im Zentrum der Debatte um die Ausrichtung der gesamten Bank. Der gebürtige Österreicher Achleitner und einflussreiche Aktionäre wie das Emirat Katar wollen die Sparte eher gestärkt sehen. Andere Stimmen in der Bank kritisieren die hohen Boni für die dort tätigen Händler und Investmentexperten, bei gleichzeitig sinkenden Erträgen und Marktanteilsverlusten.
Alleine für das vergangene Jahr bekamen die etwa 17.000 Beschäftigten der Sparte einen Gutteil der insgesamt 2,3 Milliarden Euro, die die Bank insgesamt an variabler Vergütung an ihre rund 98.000 Mitarbeiter auszahlte. Das Geld gilt auch als eine Art Halteprämie, damit wichtige Händler und andere Spezialisten nicht zur Konkurrenz wechseln. (Reuters, dpa)