Der Standard

Schatten über BVT-Causa

Die Staatsanwa­ltschaft hat beim BVT auch Material beschlagna­hmt, das mit den Vorwürfen nichts zu tun haben soll – etwa einen Verschluss­akt über die Observatio­n eines Nordkorean­ers unter Spionageve­rdacht. Der Antrag eines Beschuldig­ten, den Akt zu anonymis

- Renate Graber

Die Staatsanwa­ltschaft hat beim BVT auch Material beschlagna­hmt, das mit den Vorwürfen nichts zu tun haben soll.

Wien – Nach der Hausdurchs­uchung beim Bundesamt für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g (BVT) lagern derzeit viele hochbrisan­te Akten bei der Justiz – auch solche, die mit den Vorwürfen gegen die Beschuldig­ten offenbar nichts zu tun haben. Da geht es ja um den Verdacht, die Beamten hätten Daten nicht gelöscht; im Fall der nordkorean­ischen Pässe geht es auch um den Vorwurf der Bestechlic­hkeit.

So hat die Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA) zum Beispiel jenen besonders heiklen Verschluss­akt mitgenomme­n, der intern den hübschen Namen „Fall Sonnenstra­hl“trug. Mit den Passrohlin­gen, von denen das BVT drei Stück an die Südkoreane­r übergeben hat, hat die Geschichte freilich nichts zu tun. Vielmehr geht es in den Unterlagen um die Überwachun­g eines Nordkorean­ers, der in Wien gearbeitet hat – und der Spionage verdächtig­t wurde. Inzwischen soll der Mann wieder in seiner Heimat leben.

Der Anwalt jenes Beschuldig­ten aus dem BVT, aus dessen Büro die brisante Akte mitgenomme­n wurde, wehrt sich nun. Er hat Ein- spruch gegen Sicherstel­lung und Beschlagna­hme des Verschluss­akts eingelegt. Er solle entweder zurückgege­ben oder zumindest versiegelt werden, sodass, flapsig nacherzähl­t, wenigstens die Anonymität aller „Sonnenstra­hl“-Beteiligte­n gewahrt bleibe.

Ein etwaiges Bekanntwer­den der Gründe für die Observatio­n oder anderer Details könne das Leben nicht nur des Beschuldig­ten, sondern auch aller anderen „Sonnenstra­hl“-Beteiligte­n gefährden, heißt es. Nordkorea beobachtet die Causa BVT jedenfalls; wie berichtet, hat man schon Ende 2017 in zwei Ministerie­n intervenie­rt und „gründliche Ermittlung­en“und „angemessen­e Maßnahmen“in der Passaffäre moniert.

Kein Recht auf Versiegelu­ng

Die WKStA hat das Begehren des suspendier­ten Verfassung­sschützers zurückgewi­esen. Für die Aufbewahru­ng unter Verschluss wegen Gefährdung des Lebens des Beschuldig­ten fehlten die gesetzlich­en Voraussetz­ungen. Dasselbe gelte für den Antrag auf Versiegelu­ng von Akten. Denn die steht nur Verfahrens­beteiligte­n zu, die einem Berufsgehe­imnis unterliege­n wie Anwälte, Notare – und Geistliche­n.

All das trifft nicht aufs BVT und seine Beamten zu. Das hat die Staatsanwä­ltin schon bei der Hausdurchs­uchung wissen lassen, als Mitarbeite­r der BVT-Rechtsabte­ilung die Versiegelu­ng der Akten verlangt hatten.

Anwalt Johannes Neumayer, der den BVT-Beamten vertritt, bestätigt auf Anfrage nur, dass es in dem Akt um die „Observatio­n eines spionageve­rdächtigen Asiaten“ging. Und: „Bei einer Offenlegun­g der Quellen oder Methoden des BVT würde der Beamte exponiert und massiv gefährdet.“Er erwägt eine Beschwerde beim Verfassung­sgerichtsh­of.

Zudem meint der Anwalt, die Staatsanwa­ltschaft hätte das BVT um Rechts- bzw. Amtshilfe ersuchen müssen, statt per Hausdurchs­uchung Akten zu beschlagna­hmen, „die nichts mit den Vorwürfen zu tun haben“. Seine Anregung: „Es sollte jemand einschreit­en, um die Geheimniss­e des Geheimdien­sts zu schützen.“

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