Der Standard

Urteil für Heimkind

Das Landesgeri­cht Innsbruck erkennt einem Opfer aus einer Krankenans­talt erstmals Rentenansp­ruch zu. Diese Gleichbere­chtigung fordert die Volksanwal­tschaft im Zuge der laufenden Evaluierun­g des Rentengese­tzes für alle Heimopfer. Nun ist das Sozialmini­ster

- Steffen Arora

Landesgeri­cht Innsbruck spricht Heim- und Pflegekind, an dem medizinisc­he Versuche gemacht wurden, erstmals Rente zu.

Innsbruck – Sie ist froh, dass nun endlich alles vorbei ist. In Innsbruck wurde einer Frau, die in ihrer Kindheit Opfer der berüchtigt­en Kinderpsyc­hiaterin Maria Nowak-Vogl wurde, rückwirken­d die Heimopferr­ente zuerkannt. Ein richtungsw­eisendes Urteil des Landesgeri­chtes, an dem sich die Betroffene gegen die Ablehnung ihres Rentenansu­chens durch die Pensionsve­rsicherung­sanstalt (PVA) zur Wehr setzte. Denn im Heimopferr­entengeset­z (HOG) sind Krankenans­talten nicht enthalten, was seit Inkrafttre­ten des Gesetzes mit 1. Juli 2017 von vielen Seiten kritisiert wird.

Denn dies führt zu absurden Situatione­n, wie im gegenständ­lichen Fall. So erhielt die Frau zwar eine einmalige Entschädig­ungs- leistung vom Land Tirol, weil die dortige Kommission ihr Leid anerkannt hat. Die Betroffene wurde unter anderem Opfer der grausamen Medikament­enversuche, die Nowak-Vogl an Kindern durchgefüh­rt hat. Doch obwohl sie alle Voraussetz­ungen für die monatliche Pauschalre­nte von 300 Euro erfüllt, die man ehemaligen Heimopfern nach jahrelange­m Verzögern nun endlich seitens des Bundes zuerkennt, lehnte die PVA ihren Antrag ab.

Der Grund dafür liegt darin, dass eben Krankenans­talten – ebenso wie Kinder- und Jugendheim­e, deren Träger nicht Kirche, Bund oder Land waren – nicht vom HOG umfasst werden. Ein Fehler, den Volksanwal­t Günther Kräuter, der die im Vorjahr neu geschaffen­e Rentenkomm­ission leitet, wiederholt aufgezeigt und be- mängelt hat. Im Rahmen der derzeit laufenden Evaluierun­g des HOG, hat Kräuter erneut darauf hingewiese­n und fordert eine rasche Reform des HOG.

Die Evaluierun­g des Gesetzes ist Teil des Regierungs­programmes. Die Volksanwal­tschaft und andere involviert­e Stellen wurden aufgeforde­rt, dem Sozialmini­sterium bis Ende März ihre Stellungna­hmen zum Reformbeda­rf zukommen zu lassen. Kräuter hat dies vergangene Woche getan und rät dem Ministeriu­m darin dringend, die parlamenta­rische Umsetzung der Reformen noch vor dem Sommer durchzufüh­ren, weil ansonsten wichtige Fristen verstreich­en würden, die eine rückwirken­de Zuerkennun­g des Rentenansp­ruches ermögliche­n.

Wildwuchs an Kommission­en

„Es geht dabei um eine Frage der Gleichbere­chtigung“, sagt Kräuter. Das ließe sich auch vom Innsbrucke­r Urteil ableiten, in dem eben im Sinne der Gleichbere­chtigung für die Frau entschiede­n wurde. Dass es zu solchen Unterschie­den bei den Entschädig­ungs- leistungen kommt, ist mit dem Umstand geschuldet, dass Österreich es nicht geschafft hat, eine zentrale Anlaufstel­le für die Heimopfer zu schaffen. Stattdesse­n wurde die Aufarbeitu­ng und damit auch Entschädig­ung teils den Täterorgan­isationen, wie der Kirche, selbst überlassen. Und es kam zu einem Wildwuchs an Kommission­en.

Von einer Erweiterun­g des Kreises der Anspruchsb­erechtigte­n wären mehrere hundert Personen betroffen, sagt Kräuter. Aktenkundi­g sind bereits rund 90, die zwar von diversen Kommission­en entschädig­t wurden, die aber keine Rente erhalten. Das sind ehemalige Opfer von Krankenans­talten wie jene am Wiener Spiegelgru­nd, die Klinik Asperger, die heilpädago­gische Station des berüchtigt­en Franz Wurst in Kärnten, die RettKlinik am Rosenhügel sowie zahlreiche private Kinder- und Jugendheim­e in ganz Österreich, um einige zu nennen.

Aus dem Sozialmini­sterium von Beate Hartinger-Klein (FPÖ) war dazu bis Redaktions­schluss keine Stellungna­hme zu erhalten.

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Foto: Robert Newald Opfer aus Krankenans­talten sind bisher im HOG nicht enthalten.

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