Unbedingte Haft für Drohung des „Sittenwächters“
24-Jähriger forderte Frau an See auf, T-Shirt zu tragen
Wien – Der „Sittenwächter“von Kaltenleutgeben (Bez. Mödling) ist am Freitag am Wiener Landesgericht wegen Nötigung rechtskräftig zu fünf Monaten unbedingter Haft verurteilt worden. „Der Sachverhalt hat den Tatbestand erfüllt. Für eine halbnackte Frau, die da herumliegt, war das sicher eine bedrohliche Situation“, befand Richterin Julia Matiasch.
Der Angeklagte – ein 24 Jahre alter in Dagestan geborener Russe – gab zu, am 15. Juni 2017 am Glitzersee gegen die Frau und ihren Begleiter verbal vorgegangen zu sein: „Ich hab’ angefangen, umgangssprachlich zu schimpfen. ,Ich fick dich in den Kopf.‘ Es war nicht ernst gemeint.“Er habe mit Freunden baden gehen wollen und das Pärchen bemerkt, als der Mann seine Begleiterin fotografierte. „Sie hatte bloß eine Unterhose an, die nur hinten einen Faden hatte. Verstehen Sie, was ich meine?“, fragte der Angeklagte die Richterin. „Einen Tanga“, erwiderte diese. Er habe eigentlich nicht hinsehen wollen, sei aber nicht in der Lage gewesen, sich abzuwenden: „Ich bin ein Mann, ich bin schwach.“
Schließlich hätte er verlangt, die Frau möge sich ein T-Shirt überziehen. Darauf sei es zu einem Disput mit ihrem Begleiter gekommen. Warum er nicht weggegangen sei? „Ich lag schon Monate auf diesem Platz“, meinte der Angeklagte. Er habe der Frau keine Angst machen wollen. „Was wollten Sie dann?“, hakte Matiasch nach. „Dass sie weggeht.“
Aus Sicht der Anklage drohte er dagegen mit einer Vergewaltigung. Er selbst sah das im Prozess als „kleinen Ausrutscher“. Den Fotografen wollte der 24-Jährige laut Strafantrag mit einem Tritt über eine 2,5 Meter hohe Böschung befördern. Davon wurde er allerdings mangels Beweisen freigesprochen.
Gegen den Angeklagten laufen auch Terrorermittlungen: Er soll bei einem mehrjährigen Aufenthalt in Deutschland, wo er in zwei separaten Verfahren wegen schweren Raubes und schwerer Körperverletzung verurteilt worden war, Anis Amri, der ein Attentat auf den Berliner Weihnachtsmarkt verübt hat, kennengelernt haben. Bei der Auswertung des Handys des 24-Jährigen wurde auch ein Video gefunden, das auf eine radikalislamistische Gesinnung hindeuten könnte. Er ist darauf beim Absingen von islamisch-religiösen Naschids, die auch als Propagandamittel genutzt werden, zu sehen.