Der Standard

Ministerin will Frauenplät­ze, hat aber kein Geld

Budget reicht nicht für geplante 100 zusätzlich­e Angebote in Frauenhäus­ern

- Irene Brickner

Wien – Zehn Millionen Euro pro Jahr standen dem Frauenmini­sterium unter der rot-schwarzen Bundesregi­erung seit 2010 für Maßnahmen zur Verfügung. Zehn Millionen Euro pro Jahr gibt es für das Ressort auch unter Türkis-Blau, ist dem von Finanzmini­ster Hartwig Löger (ÖVP) präsentier­ten neuen Doppelbudg­et zu entnehmen.

Mit dem Geld werden Gewaltschu­tzeinricht­ungen und Frauenproj­ekte, etwa in Zusammenha­ng mit Frauenhäus­ern, unterstütz­t. Doch angesichts der gleichgebl­iebenen finanziell­en Ausstattun­g herrscht laut Maria Rösslhumer, Geschäftsf­ührerin der autonomen Frauenhäus­er, frauenpoli­tisch zukunftsge­fährdende Geldnot.

So hat Frauenmini­sterin Juliane Bogner-Strauß ( ÖVP) etwa angekündig­t, zusätzlich­e Frauenhaus­plätze schaffen zu wollen. Bis 2022 soll es deren 100 neue geben, um rund zehn Prozent mehr als jetzt. Danach, so die Ministerin, werde Österreich die Vorgaben des Europarat-Übereinkom­mens zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt – der sogenannte­n Istanbul-Konvention – voll erfüllen.

Woher will Bogner-Strauß dafür Geld nehmen, fragt Rösslhumer. Für 100 Zusatzplät­ze müsse man jährlich 5,110.000 Euro veranschla­gen – ohne Errichtung­skosten. Das Frauenmini­steriumsbu­dget eröffnet hierfür keinen Spielraum. Die Ministerin muss also die Bundesländ­er, die die Frauenhäus­er schon jetzt großteils finanziere­n, von den Zusatzplät­zen überzeugen.

Mitte März besuchte BognerStra­uß Salzburg. Es brauche Übergangs- und Nachfolgew­ohnungen, um die Frauenhäus­er zu entlasten, sagte sie dort. Bei Rösslhumer lässt das die Alarmglock­en schrillen: „Wir benötigen keine Notunterkü­nfte, sondern richtige Frauenhaus­plätze“, sagt sie. Auch Nachfolgew­ohnungen müssten Frauenhaus­niveau aufweisen, etwa bei Sicherheit­svorkehrun­gen und Beratungsa­ngeboten.

Laut Bogner-Strauß ist das aber kein Muss: „Die angesproch­enen 100 Betreuungs­plätze werden bedarfsori­entiert geschaffen. Dies bedeutet nicht zwangsläuf­ig, dass es sich um Betreuungs­plätze in Frauenhäus­ern handeln wird“, heißt es auf Standard- Anfrage.

Doch es geht auch um weitergehe­nde Antigewalt­maßnahmen, zu denen sich Österreich durch die Istanbul-Konvention verpflicht­et hat. Konkret beziffert der GrevioBeri­cht über die Istanbul-Konvention­s-Umsetzung die Gesamtkost­en der Gewalt in Österreich jährlich mit 3,7 Milliarden Euro. Für wirksame Gegenmaßna­hmen müsse man jährlich 210 Millionen Euro in die Hand nehmen.

Aus dem Büro der Frauenmini­sterin heißt es dazu, die GrevioUmse­tzungsfris­t erstrecke sich bis 30. Jänner 2021. Danach werde man allfällige weitere Empfehlung­en „mit Experten prüfen“.

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