Im Reich der Sinne
Japanische Fotografie der Nachkriegszeit
Salzburg – Die Besetzung Japans durch US-Truppen als Folge der Niederlage im Zweiten Weltkrieg war auch für die Künste eine wichtige Zäsur. Künstlerische Fotografie hatte vor dem Krieg keine Tradition, ab den 1960er-Jahren schärften zahlreiche Fotografen, vom Wirtschaftsaufschwung und westlichen Einflüssen geprägt, den Blick auf die eigene Gesellschaft.
Einer, der die Vermischung von japanischen und westlichen Elementen positiv sah, war Daidõ Moriyama. Inspiriert vom US-Amerikaner William Klein, lichtete er vor allem Rotlichtbezirke und Außenseiter der Gesellschaft ab. Moriyamas Aufnahmen sind Teil der Ausstellung I-Photo, die ab 21. April im Museum der Moderne Rupertinum erste Einblicke in die umfassende Kollektion japanischer Fotografie gibt und sich auf die Darstellung des Menschen und die Wahrnehmung der sich verändernden Gesellschaft der japanischen Nachkriegszeit konzentriert.
Der Titel I-Photo, also „IchFotos“, nimmt Bezug auf die literarische Gattung der Ich-Erzählung: eines Weges zur Erforschung des eigenen Selbst wie auch der Gesellschaft. Einer der Pioniere nach 1945 ist Masahisa Fukase, der in den späten 1960er-Jahren mit Fotoserien bekannt wurde, in denen sich dokumentarische und fiktive Elemente vermischten.
Der bekannteste Künstler der Schau ist zweifellos Nobuyoshi Araki. Zu Erotik und Sexualität hat die japanische Gesellschaft einen ganz eigenen Zugang, der nicht selten mit ihrem Zwillingsmotiv, dem Tod, kurzgeschlossen wird. Schon das vormoderne Japan erfreute sich an erotischen Holzschnitten, sogenannten Frühlingsbildern, auch in der Literatur wurden dabei Spielarten menschlicher Sexualität wie Voyeurismus, Sadomasochismus oder Homophilie freizügig toleriert.
Araki ließ sich nicht nur vom historischen Erbe, sondern auch von seiner unmittelbaren Umgebung inspirieren – wuchs er doch in einem Stadtteil Tokios auf, in dem Kurtisanen ihrem Gewerbe nachgingen. Bekannt – und zumindest im Westen auch häufig sehr umstritten – sind seine Bilder von nackten, gefesselten Frauen.
Im Land der aufgehenden Sonne werden diese Aktfotos Kinbaku genannt, und sie stellen eine eigene Kunstform dar. Das hat für den Künstler, der auch schon Lady Gaga fesselte, wenig mit S&M-Bondage-Praktiken zu tun, vielmehr sieht Araki in der Fesselung der Frau eine Art von Umarmung, die nur den Körper, nicht die Gefühle einschnürt. Ab 21. April und bis 8. Juli