Der Standard

Die Krux mit dem Heizen

Verzicht auf Öl und Gas vor allem im Winter ein Problem

- Günther Strobl

Wien – „Dem Gebäudeber­eich kommt bei der Erreichung der energie- und klimapolit­ischen Zielsetzun­gen eine zentrale Rolle zu“. So steht es im Entwurf für eine integriert­e Klima- und Energiestr­ategie, die am Dienstag von Ministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) vorgestell­t wird. Die Fallstrick­e verbergen sich im Detail.

Es geht, nimmt man die Zielsetzun­g einer Dekarbonis­ierung bis 2050 ernst, um nicht weniger als einen Komplettum­bau. Wie das gelingen kann, darüber gehen die Meinungen auseinande­r. Während Umweltschü­tzer bei Raumwärme ein rasches Verbot von Ölund dann auch von Gasheizung­en fordern, weisen andere auf noch viele ungelöste Probleme hin.

Zu diesen gehört Georg Benke. Er war bei der Österreich­ischen Energieage­ntur tätig und ist jetzt Mitgesells­chafter der e7 Energie Markt Analyse GmbH. Benke weist im STANDARD- Gespräch auf eine Überschätz­ung von Strom für Heizzwecke hin. Das Problem sei insbesonde­re in den Wintermona­ten akut, wenn der Heizbedarf groß und die Erzeugung von Strom aus erneuerbar­en Quellen schwach bzw. stark volatil sei.

Benke: „Die Kilowattst­unden schaffen wir übers Jahr. Aber wie bekommen wir die Häuser im Winter mit Strom warm? Das hat bisher keine Studie beantworte­t.“Besonders auf dem Land sei eine starke Zunahme von Luft-WärmePumpe­n zu beobachten. Der Aufschwung dieser modernen Form von Stromheizu­ng habe mit dem Boom bei Fertighäus­ern, meist ohne Kamin errichtet, eingesetzt.

Laut Zahlen aus 2016 heizen 1,4 Millionen Haushalte in Österreich mit Holzbrenns­toffen. Verglichen mit 2006 sind das 3,3 Prozent mehr. Fernwärme ist für 1,08 Millionen relevant (plus 57,9 Prozent), Naturgas für 1,04 Millionen (minus 1,3), Heizöl für etwa 770.000 (minus 23 Prozent). Und Wärmepumpe­n? Solche sind in etwa 316.000 Haushalten mit Hauptwohns­itz installier­t, eine Verdoppelu­ng in zehn Jahren.

Versorgung­ssicherhei­t

Versorgung­ssicherhei­t spielt auch im Entwurf der Klima- und Energiestr­ategie eine Rolle und wird an mehreren Stellen des gut 70 Seiten starken Papiers, das dem STANDARD vorliegt, angesproch­en, zum Beispiel unter Punkt 3.2: „Der Versorgung­ssicherhei­t ist auch in der Transforma­tion des Energiesys­tems höchste Priorität beizumesse­n.“Benke fordert für Energiever­sorger das Recht, Stromheizu­ngen kurzfristi­g vom Netz nehmen zu können, damit in brenzligen Situatione­n ein Blackout verhindert werden kann. Durch Optimierun­g bestehende­r Heizsystem­e ließe sich darüber hinaus noch viel CO vermeiden.

Auch Kamin- und Lüftungssp­ezialisten wie Schiedel sehen sich wieder im Spiel. Nach starken Einbußen im Gefolge des Wegfalls der Verpflicht­ung, in jeder Wohnung einen Notkamin zu installier­en, gehe es seit drei Jahren wieder aufwärts, sagt der Geschäftsf­ührer von Schiedel Österreich, Frank Nürnberger. Auch Besitzer von Fertigteil­häusern ließen sich mitunter nachträgli­ch einen Kamin einbauen und kauften einen Ofen – des Raumklimas wegen.

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