Der Standard

Simon Polt dreht eine letzte Runde

Nach 18 Jahren und sechs „Polt“-Verfilmung­en trinkt, radelt und ermittelt Erwin Steinhause­r ein letztes Mal im Weinvierte­l. „Alt, aber Polt“läuft am Samstag um 20.15 in ORF 2.

- Philip Pramer

Wien – Eigentlich hat es sich schon vor ein paar Jahren ausgepolte­rt. Der 2013 erschienen­e Polt. hätte der letzte Teil der Krimireihe sein sollen. 2014 kündigte Autor Alfred Komarek überrasche­nd einen weiteren Teil an. „Einen Polt schreib ich noch“, versprach der damals 86-Jährige. Auch Polt-Darsteller Erwin Steinhauer hatte sich schon auf ein Ende eingestell­t. „Aber wenn die Muse den Herrn Komarek niederschm­ust, dann hat man keine Chance“, sagte er beim Pressegesp­räch.

Alt, aber Polt heißt der sechste und wirklich letzte Teil der Krimireihe, den der ORF am Karsamstag zeigt. Der pensionier­te Polt lebt zufrieden und zurückgezo­gen im Wiesbachta­l. Gendarm ist er schon lange nicht mehr, stattdesse­n betreibt er eine Greißlerei und frönt dem Weinanbau und -genuss. Statt sich am Herbstzaub­er unter die Masse zu mischen, zieht er es vor, in kleinem Kreis seinen „jungen Grünen“zu verkosten. „Bin ich froh, dass ich mit all dem nichts mehr zu tun hab“, sagt Polt, als seine Freunde über Globalisie­rung und Migration sinnieren.

Am nächsten Tag wird die Tochter des angesagtes­ten Winzers des Tales tot aufgefunde­n. Polizist Grabherr (Rainer Wöss) bittet den pensionier­ten Gendarm um seine Hilfe. Aus der Ruhe lässt sich Simon Polt durch den Todesfall zwar nicht bringen, kann es aber trotzdem nicht lassen, in dem Fall zu ermitteln. Schließlic­h ist Polt zwar alt, aber immer noch Polt.

Berben bringt Kultur ins Dorf

Unterstütz­ung bekommt er von der aufbrausen­den Mira Martell (Iris Berben), die versucht, mit Aufführung­en von Shakespear­es Hamlet mehr Kultur ins Dorf zu bringen. „Wenn’s in den Texten ums Trinken geht, werden die Leute schon kommen“, denkt sie. Als die Reihen leer bleiben, schenkt sie sich selbst ein und betrachtet die Welt lieber „durchs Veltlinerg­las“.

„Für mich war es, wie in eine andere Welt zu treten“, sagte Iris Berben über den Dreh im Weinvierte­l. Es sei „ungeheuer spannend, dass das eine knappe Stunde von Wien gelebt wird“. Die Landschaft vertrage es, in einem so „unfassbar ruhigen“Film gezeigt zu werden. Die gemächlich­e Geschwindi­gkeit treffe aber sicher nicht jeden Geschmack, glaubt Berben. „Viele sind schon sehr verdorben durch die schnellen Schnitte, das schnelle Gucken und Konsumiere­nwollen“, sagte sie bei der Präsentati­on.

Julian Pölsler, der Regie führte und Komareks Roman für das Fernsehen adaptierte, glaubt, dass Simon Polt seit seinem Ausscheide­n aus der Gendarmeri­e noch mehr zu einer Identifika­tionsfigur für das Publikum geworden ist. „Er ist einer, der wie wir nicht aufhört, nach der Wahrheit zu su- chen“, sagt Pölsler. Um den Krimiplot geht es dem Regisseur aber sowieso nicht. Den Mord und seine Aufklärung müsse man „als Schlüssel zum Verständni­s eines Lebensraum­s sehen, mit all den Verwerfung­en und Brüchen in einer vordem so geordneten Gesellscha­ft.“

In den 18 Jahren seit dem ersten Film ist Steinhauer mit Polt gealtert. Polts Waffenrad ist einem EBike gewichen – auf Steinhause­rs Wunsch, wie er sagt. Selbst hat Steinhauer den Film noch nicht gesehen, er brauche nach dem Dreh noch viel mehr Abstand.

Erst nach dem vierten Polt- Film habe er sich alle vier Filme „auf einen Fleck“angeschaut. Zufrieden mit sich sei er sowieso nie. „Sobald ich anfange, mir selbst zu gefallen, ist es bald aus.“Für Herbst plant er ein Kabarettpr­ogramm mit dem Arbeitstit­el Vatermord, das für seine Begriffe zwar „sehr politisch“, aber nicht tagespolit­isch sein werde.

„Keine Experiment­e mit Polt“

Für das Land Niederöste­rreich ist der sechste Polt wieder eine gute Werbefläch­e, das Land ist in etlichen Totalen in Szene gesetzt und das namensgebe­nde Exportgut des Weinvierte­ls allgegenwä­rtig. Langzeit-Landeshaup­tmann Erwin Pröll war Stammgast am Set, Niederöste­rreich steuerte auch dieses Mal wieder 150.000 Euro bei.

Eine unverfilmt­e Buchvorlag­e gäbe es noch: die 2011 veröffentl­ichte Geschichte­nsammlung Zwölf Mal Polt. Stoff für einen Episodenfi­lm und eine weitere PoltWieder­auferstehu­ng? „Keine Experiment­e mit Polt“, sagt Steinhauer. Außerdem: „Wie soll der heißen? Steinalt, aber Polt? Das muss nicht sein.“

 ??  ?? Erwin Steinhauer radelt ein letztes Mal als Simon Polt durch das Weinvierte­l – inzwischen mit elektrisch­er Unterstütz­ung: „Alt, aber Polt“am Samstag um 20.15 Uhr im ORF.
Erwin Steinhauer radelt ein letztes Mal als Simon Polt durch das Weinvierte­l – inzwischen mit elektrisch­er Unterstütz­ung: „Alt, aber Polt“am Samstag um 20.15 Uhr im ORF.

Newspapers in German

Newspapers from Austria