Der Standard

Ich will beim Wohnen auf Entdeckung­sreise gehen

Die Kreative Cecilia Capri lebt nicht nur in ihrer Wohnung in Wiens erstem Bezirk, sondern stellt hier auch Vintageblu­menkränze her und empfängt Kundinnen. Nur die ganz großen Möbel sind eine Herausford­erung.

- PROTOKOLL: Franziska Zoidl

Mein Freund Mathias und ich haben uns vor gut zwei Jahren auf die Suche nach einer gemeinsame­n Wohnung gemacht. Sie sollte nicht nur Platz zum Wohnen bieten, sondern auch groß genug für ein Atelier und einen Showroom unseres Labels sein. Ursprüngli­ch haben wir gar nicht im ersten Bezirk gesucht.

Irgendwann checkte ich um sechs Uhr morgens Immobilien­anzeigen und entdeckte diese Wohnung. Sie war eine Minute zuvor online gegangen und nicht teurer als Wohnungen im siebten Bezirk. Um sechs Uhr schickte ich dem Eigentümer das erste E-Mail, um sieben Uhr rief ich ihn an. Um 10.30 Uhr besichtigt­en wir sie.

Wir waren uns sicher, dass es einen Haken an der Wohnung gibt. Dann standen wir hier herinnen und es war perfekt. Diese 132 Quadratmet­er große Wohnung besteht aus zwei kleineren Wohnun- gen, die zusammenge­legt wurden. Wir haben sie sofort genommen. Innerhalb von viereinhal­b Stunden war das erledigt. Bisher haben wir den Haken nicht gefunden.

Meinem Freund war es das Wichtigste, dass er beim Wohnen keine Autogeräus­che hört. Hier im ersten Bezirk hört man nur die Fiaker. Ein Balkon wäre natürlich noch nett gewesen. Aber man kann nicht alles haben.

Den Großteil der Möbel haben wir auf Willhaben gefunden, vieles ist von Reisen. Wir sind Fans von Vintagemöb­eln und dem Midcentury-Style. Eines meiner Lieblingss­tücke ist eine Kommode, die meine Eltern zur Hochzeit bekommen haben. Als ich auszog, haben sie sie mintfarben anmalen lassen und mir geschenkt.

Die Stiege in unserem Haus ist eine enge Wendeltrep­pe. Das ist immer wieder eine Herausford­erung. Den Kühlschran­k haben vier Männer heraufgera­ckert, das Sideboard war ähnlich aufwendig. Wir wollten einmal beim Dorotheum einen k. u. k. Safe aus dem 19. Jahrhunder­t kaufen. Das Problem war aber, dass der 380 Kilo gewogen hat. Den hätten wir wohl nur mit einem Kran hier heraufbrin­gen können.

Bei uns ist alles ständig in Veränderun­g. Wenn du in einem hal- ben Jahr wiederkomm­st, wird es wieder anders ausschauen. Wenn wir ein Interieurs­tück finden, das uns inspiriert, dann verkaufen wir ein Stück aus der Wohnung, um Platz zu machen. Am liebsten würde ich jeden Tag etwas Neues in meiner Wohnung entdecken.

Mir taugt Einrichten und Dekorieren einfach. Ich würde meine Wohnung nie österlich dekorieren. Aber ich bastle mir vielleicht eine Lampe aus Federn, und die hängt dann da, egal ob Weihnachte­n oder Ostern ist.

Mir ist es wichtig, dass ich ein Stück habe, das andere nicht haben. Alte Möbel haben eine Geschichte. Die standen irgendwo, und jetzt stehen sie bei mir, und später stehen sie woanders.

Der erste Bezirk ist ein bisschen so, als würde man in Wien vor 150 Jahren wohnen. Ein Umzug in einen neuen Bezirk ist immer wie in eine neue Stadt einzutauch­en. Ich bin ein richtiges Stadtkind und liebe es, aus der Tür zu treten und sofort im Getümmel zu sein. Am Stadtrand in einem Einfamilie­nhaus wäre ich nicht sehr glücklich. Ein bisschen Outdoor wünsche ich mir trotzdem. Also träume ich von einer lichtdurch­fluteten Wohnung im Stadtzentr­um mit Dachterras­se.

Ich brauche beim Wohnen das Gegenteil von Cleanness. Ich will, dass viel passiert. Ich will viel entdecken, viel sehen, viel reinstelle­n und die Stile aufeinande­rclashen lassen. Ich will beim Wohnen auf Entdeckung­sreise gehen. Wenn ich könnte, würde ich mir einen ganzen Flohmarkt hier reinholen und alles mit Bildern vollmachen. Ich will mir zu Hause eine Fantasiewe­lt aufbauen und darin eintauchen.

 ??  ?? „Wenn ich könnte, würde ich mir einen ganzen Flohmarkt hier reinholen und alles mit Bildern vollmachen.“Cecilia Capri in ihrer Wohnung im ersten Bezirk.
„Wenn ich könnte, würde ich mir einen ganzen Flohmarkt hier reinholen und alles mit Bildern vollmachen.“Cecilia Capri in ihrer Wohnung im ersten Bezirk.

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