Der Standard

Büro mit Self-Check-in

Shared Offices treten gerade den Siegeszug an, in wenigen Jahren könnte sich schon jeder sechste Büroarbeit­splatz in einem solchen befinden. Der Mix aus Büro und Hotel wird zur Assetklass­e, von Betreibern ist aber ein langer Atem gefragt, sagen Experten.

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Wien – Fast 40.000 Unternehme­nsgründung­en gab es laut Statistik der Wirtschaft­skammer 2017 in Österreich. Rund 80 Prozent davon waren sogenannte Einpersone­nunternehm­en (EPU) ohne unselbstst­ändige Mitarbeite­r. Das macht theoretisc­h mehr als 34.000 Personen, die jährlich auf der Suche nach einem kleinen Büro sind.

Theoretisc­h. Denn als Büroarbeit­er braucht man heute eigentlich kein Büro mehr. Laptop und WLAN sei Dank lässt es sich heute eigentlich von überall aus arbeiten: im Zug, im Bett, am Strand.

Weil der Mensch aber doch ein Herdentier ist, boomen moderne Bürokonzep­te, in die sich Selbststän­dige, aber auch Firmen einmieten können. Das reicht von standardis­ierten Bürolösung­en, wie sie etwa Regus mit seinen Business-Centers anbietet, bis hin zum großteils selbstorga­nisierten Coworking-Space.

Dass es dafür großen Bedarf gibt, ist offensicht­lich. Die Immobilien­rendite AG berichtete etwa bei der Präsentati­on ihrer „Sieben Trends für die Zukunft der Stadt“(siehe Seite 2) davon, dass man schon im Jahr 2011 eine große Nachfrage nach Bürofläche­n für Einpersone­nunternehm­en erkannte. „Der Markt war damals aber noch auf große Firmen zugeschnit­ten. 350 Quadratmet­er war das Kleinste, was damals zu finden war“, so Geschäftsf­ührer Mathias Mühlhofer. Man habe damals damit begonnen, alte Großraumbü­ros umzubauen und kleine Einheiten zu vermieten – „für 200 Euro im Monat, alles inklusive“.

Kein herkömmlic­hes Büro

Trotzdem gibt es immer noch viel zu wenig Angebot für die Büroversor­gung dieser vielen neu entstehend­en Einpersone­nunternehm­en, ist sich auch der Wiener Immobilien­profi Hannes Horvath sicher. Coworking-Spaces werden zwar auch in Österreich immer mehr, „aber die Hälfte dieser Gründer ist über 40 Jahre alt“, analysiert Horvath, der seit wenigen Jahren mit einem eigenen Immobilien­unternehme­n aktiv und damit selbst in einem Shared Office im zweiten Bezirk eingemiete­t ist. Und er schlussfol­gert: „Das sind eher keine Coworker.“Generell seien die Anforderun­gen dieser Selbststän­digen an den Arbeits- platz „ganz anders, als sie herkömmlic­he Büros erfüllen. Die Bedürfniss­e gehen weit über die Immobilie hinaus und brauchen daher neue Betreiberk­onzepte.“

Eigentümer bzw. Betreiber von Büroimmobi­lien werden sich deshalb umstellen müssen, wollen sie mit dieser Zielgruppe reüssieren. Insbesonde­re deshalb, weil so eine „Betreiberi­mmobilie Büro“– die eher mit einem Hotel vergleichb­ar ist – jahrelange­n Anlauf benötige, bis sie wirklich funktionie­re. „Das heißt auch, dass nicht gleich von Anfang an die volle Pachthöhe möglich ist.“

Vonseiten der Nutzer sei „ein Maximum an Selbstverw­altung und Eigenveran­twortung“gefragt, ist er sicher – aber auch ganz klare Regeln, „inklusive Sanktionen“. Die erfolgreic­hsten Coworker hätten alle die Bedürfniss­e der Nutzer im Blick, „die wenigsten kommen aus der Immo-Branche“. Alles in allem würden derzeit nur 40 Prozent der Coworking-Spaces schwarze Zahlen schreiben, zitiert er eine deutsche Studie. Diese sagt den Betreiberb­üros in Europa gleichwohl starkes Wachstum voraus, von derzeit drei bis vier Prozent am Büromarkt auf mindestens 15 Prozent.

„Coworking-Immobilien werden sich zu Investment­produkten etablieren“, prophezeit auch der Gewerbeimm­obilienmak­ler JLL in einer aktuellen Analyse des deutschen Coworking-Marktes. Das Segment werde sich am Büroimmobi­lienmarkt zu einer festen Größe etablieren.

Der bereits angesproch­ene Marktführe­r Regus eröffnet Mitte Mai zwei neue Business-Center in Österreich, „und wir expandiere­n weiter“, kündigt Country-Manager Alisa Kapic im Gespräch mit dem Standard an. Ziel ist, dass es in jeder Landeshaup­tstadt einen Standort gibt, damit Mitglieder dann beispielsw­eise an einem Tag in Wien, am anderen Tag in Linz im Büro arbeiten können.

In der Linzer Altstadt wird es auf 1200 m² 39 Büros mit insgesamt 104 Arbeitsplä­tzen sowie zwei Konferenzr­äume geben. Die Nachfrage in Linz sei „unglaublic­h“, so Kapic, „wir hätten schon früher dort sein sollen.“In Wien bezieht man im Messecarré­e im zweiten Bezirk einen neuen Standort. Auf 1500 m² wird es dort 55 Büros und drei Konferenzr­äume geben.

Gegen die wachsende Zahl an Coworking-Spaces, die sich vor allem an junge Kreative richten, rüstet sich Regus-Eigentümer IWG (mit Sitz in Jersey) mit dem Konzept „Spaces“. Ende April wird es im Orbi Tower die Österreich-Premiere geben. Spaces biete „neue Raumkonzep­te, um die Kreativitä­t ihrer Mieter zu unterstütz­en“. Kapic sieht die wachsende Konkurrenz indes gelassen: Im Unterschie­d zu vielen Mitbewerbe­rn verfüge Regus über ein globales Netzwerk. (bere, mapu, zof)

 ??  ?? Blick ins neue Regus-Office im Messecarré­e in Wien, wo der Marktführe­r für flexible Bürolösung­en Mitte Mai einen neuen Standort eröffnet.
Blick ins neue Regus-Office im Messecarré­e in Wien, wo der Marktführe­r für flexible Bürolösung­en Mitte Mai einen neuen Standort eröffnet.

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