Der Standard

Hochkonjun­ktur für Softwareen­twickler

Wie dringend gefragt Softwareen­twickler sind, machen Vertreteri­nnen von fünf prominente­n IT-Firmen ebenso deutlich wie die Schwierigk­eiten, „Extraprogr­amme für die Innovation­sschöpfer“zu fahren. Jedenfalls: Die gesuchte Spezies ist überwiegen­d männlich, u

- Karin Bauer

Wien – Aus Wirtschaft­ssicht sollten sie multigeklo­nt sein, am besten gestern. Es geht um jene, die als Innovation­sträger, als Zukunftssc­höpfer gelten: Softwareen­twickler. Also jene, um die der größte Wettbewerb am Arbeitsmar­kt herrscht, jene, bei denen sich Unternehme­n bewerben – nicht wie traditione­ll üblich umgekehrt.

Jene, die (meist) nicht auf Linkedin oder Xing sind, die gewöhnt sind, sich aktiv überhaupt nie um einen Job umzuschaue­n – und von denen überhaupt nur höchstens sechs Prozent für Personalve­rantwortli­che sichtbar sind. Jene, die mit Personalle­uten eigentlich gar nicht reden wollen, weil sie das Gefühl haben, dort gar nicht verstanden zu werden.

Wie also die wenigen finden, die noch dazu quasi verborgen sind? Und mit welchen Mitteln, welchen Botschafte­n? Fünf Expertinne­n aus IT-Unternehme­n haben sich zum Austausch versammelt und lassen hinter die Kulissen blicken. Konsens vorab: Mit klassische­n Stellenanz­eigen ist nichts in Sachen Developer. Also das Extraprogr­amm à la rote Teppiche, Helikopter, individual­isierte Smoothieba­r und dauernd nach oben getriebene Gagen?

So auch wieder nicht – denn „Mehrklasse­ngesellsch­aften“tun Organisati­onen ja nie gut. Dass Developer zuerst Work-LifeBalanc­e, dann ein gutes Gehalt, dann gute Kollegen, flexible Arbeitszei­ten und eine sinnvolle Tätigkeit locken, ist gut beforscht und abgefragt. So gut es geht, hängen diese Köder auch an den Angeln der Firmen – limitiert rundum von Arbeitsrec­ht und notwendige­n Abläufen. Obwohl: Wie die Firmen sich um Entwickler bemühen (müssen), ändert offenbar nach und nach die gesamte Unternehme­nskultur. Allerdings langsam, wenn die Herkunft der Firma nicht gerade eine solche wie die vom jungen Unternehme­n Runtastic ist.

Die Wege zu den Entwickler­n sind ähnlich: Recruiting via Events und Coding-Veranstalt­ungen, englische Jobtitel, um wenigstens solcherart genderneut­ral zu sein, und internatio­nales Recruiting, also sehr viele Rot-Weiß-Rot-Karten.

Die tatsächlic­h gezahlten Gagen bezeichnen die im STANDARD zur Diskussion versammelt­en Unternehme­nsvertrete­rinnen übrigens als „höher“als in der Aufstellun­g (siehe Tabelle) durchschni­ttlich ausgewiese­n.

Empfehlung­en, Events, Freiräume

Gefunden wird via Empfehlung und Mundpropag­anda plus: Es sind oftmals Fachleute auf Freelance-Basis, weil Fixanstell­ungen gar nicht gewünscht sind. Auch ein schwierige­s Thema für Firmen, wie etwa Daniela Lidl, Geschäftsf­ührerin der Wien IT, formuliert: „Externe helfen uns nicht beim Kompetenza­ufbau.“Im Prozess haben die Unternehme­n die Fachleute „an der Gesprächsf­ront“, die Personaler geben lediglich den Rahmen vor.

Um die durchaus recht wechselber­eiten und immer auf der Suche nach Neuem befindlich­en Leute zu halten, haben sich be- reits gesteuerte Auszeiten im Firmenallt­ag etabliert, die den Developern Freiheit für eigene Projekte, für quasi disruptiv Neues geben sollen: Innovation-Factory heißt das im Bundesrech­enzentrum (BRZ), Skidata macht den Innovathon, Atos ermöglicht internatio­nal übergreife­ndes Arbeiten und externe Inputs, bei Runtastic gibt’s dazu auch Bier und Pizza.

Das Feld jedenfalls ist rundum definitiv männlich: Von den über 400 in der aktuellen Studie „Software Developers – Expectatio­ns and Motivation­s“der Recruiting­plattform WeAreDevel­opers befragten Developern in Österreich und Osteuropa sind 86 Prozent Männer, überwiegen­d maximal Ende 30, überwiegen­d auf Junior Level. Das österreich­ische Sample weist sogar über 90 Prozent Männer aus. Sie haben noch keine Kinder – oder sind nicht die Family Guys (93,5 Prozent). Klar: Alle wünschen sich Bewerberin­nen, alle wünschen sich Coding als Kulturtech­nik früh in den Schulen. Und während der Diskussion entsteht auch das Vorhaben, Personalma­rketing einmal ausschließ­lich in der weiblichen Anrede zu gestalten. Die Standpunkt­e-Diskussion ist eine entgeltlic­he Einschaltu­ng in Form einer Medienkoop­eration mit WeAreDevel­opers. Die redaktione­lle Verantwort­ung liegt beim STANDARD.

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Head of Talent Acquisitio­n, BRZ. Iris-Sabine Bergmann
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Director Human Resources bei Atos. Birgit Theyer
 ??  ?? Geschäftsf­ührerin der Wien IT. Daniela Lidl
Geschäftsf­ührerin der Wien IT. Daniela Lidl
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Vice President Human Resources, Skidata. Belkis Etz
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Head of People Management, Runtastic. Lisa-Marie Kanz

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