Jobinserate: Zu kompliziert, zu abstrakt
Fehlende Emotion, „Substantivitis“und eigentlich keine Info über das Wozu der Arbeitsanstrengung: Jobinserate haben eindeutig viel Potenzial für Verbesserung.
– Glaubt man aktuellen Umfragen, dann machen Unternehmen bei Stellenausschreibungen einige Fehler. In einer Umfrage von Meinungsraum.at unter 500 österreichischen Arbeitnehmern sagten mehr als die Hälfte (53 Prozent) der Befragten, dass sie Inserate, die nur Insider verstehen, als unsympathisch empfinden. 27 Prozent lehnen kurze, schlagwortartige Ausschreibungen ab. Für 65 Prozent ist es wichtig, dass sie anhand der Stellenausschreibung einschätzen können, ob sie für den Job geeignet sind. 63 Prozent legen Wert auf eine realistische Gehaltsangabe.
Die Umfrage zeige, „dass sich die Jobsuchenden in zwei große Gruppen zu je 50 Prozent teilen lassen: den emotionalen und den rationalen Typ“, sagt Meinungsraum.at-Geschäftsführer Herbert Kling. Genau in dieser Typenunterscheidung liege das Problem klassischer Recruitingmaßnahmen – diese sprächen vor allem den rationalen Typ an.
Es kommt nicht an
Die fehlende emotionale Ansprache bei der Personalsuche führe dazu, dass 50 Prozent der potenziellen Bewerber schlecht erreicht werden. „Dabei ist gerade der emotionale Typ besonders spannend“, sagt Kling. Dieser zeichne sich nämlich durch eine höhere Loyalität und stärkere Identifikation mit dem Arbeitgeber sowie Rechtschaffenheit aus.
Laut der Studie lässt sich der sogenannte emotionale Typ mit Bildern deutlich besser ansprechen (73 Prozent). Auch sind diesem Arbeitnehmertyp Themen wie Arbeitsklima (96 Prozent) und Führungsstil (94 Prozent) „wichtig“oder „sehr wichtig“. Kommt das Gehalt bei den emotionalen Typen erst an dritter Stelle, so ist es beim rationalen Typ nach dem Arbeitsklima an zweiter Stelle eines der wichtigsten Entscheidungskriterien.
Auffällig sei, dass 90 Prozent der emotionalen Typen der persönliche Handlungsspielraum am Arbeitsplatz wichtig beziehungsweise sehr wichtig ist. Bei den rationalen Typen ist dieser Faktor nur für 71 Prozent der Befragten wichtig oder sehr wichtig.
Zurück zur Ausschreibung: Wer seinen Traumjob sucht, landet allzu oft im Wortnebel – so der Succus einer aktuellen WortweltUntersuchung. Eintönige Jobfloskeln, Hauptwortstil und Schachtelsätze sind der Stoff, aus dem viele Stellenanzeigen gemacht werden. „Schade um das Differenzierungspotenzial und den Markenkontaktpunkt“, findet Wort
welt- Partner und Studienautor Johannes Angerer. „Wenn wir uns passgenaue Mitarbeitende wünschen, dann müssen wir exakter formulieren. Nur ein Viertel der Jobinserate liefert etwa eine klare, greifbare Beschreibung der Aufgaben.“Wer einen Job sucht, will vor allem wissen, wie sein Arbeitsalltag aussieht. „In der Anzeige steht zum Beispiel ‚Konzeptentwicklung‘. Doch was bedeutet das? 20 Stunden pro Woche alleine im Büro oder reger Austausch mit drei kreativen Köpfen?“, fragt Angerer. Beides wäre für unterschiedliche Typen von Mitarbeitenden anziehend, der Überbegriff an sich lässt zu viel Interpretationsspielraum offen.
Was genau mit wem wozu?
Mit wem man zusammenarbeitet und wozu man sich anstrengt, das sind für die allermeisten Menschen ganz wichtige Aspekte ihrer Arbeit. Davon liest man in Stelleninseraten kaum etwas. Nur neun Prozent der Anzeigen erklären Sinn und Zweck. Und ganze zwei Inserate von 150 beschreiben das direkte Umfeld.
Auch sprachhandwerklich sind viele Anzeigen eher mangelhaft. Zwei von drei Stelleninseraten sind unnötig kompliziert formuliert. Die meisten leiden an „akuter Substantivitis“. Bei dieser Sprachkrankheit verstecken sich die konkreten Tätigkeiten gut hinter klobigen Hauptwörtern wie ‚Durchführung von X‘ und ‚Koordinierung von Y‘.
Bleiben oder gehen? Diese Frage zu beantworten fällt so manchem nicht leicht. Der Wunsch nach einem besseren Gehalt dürfte bei der Jobsuche aber nicht im Vordergrund stehen – nur 45 Prozent geben das als Grund an. 53 Prozent der Österreicher sind neue Aufgabengebiete deutlich wichtiger. (red)