Der Standard

Wenn der Anwalt zum Finanzbera­ter wird

Immobilien­entwickler haben Crowdplatt­formen für sich entdeckt. Damit steigt der Mix bei der Finanzieru­ng. Experten warnen hier jedoch vor Lücken im Konsumente­nschutz. Vor allem Inhaber von Nachrangda­rlehen können das Nachsehen haben.

- Bettina Pfluger

Wien – Immobilien­entwickler müssen für die Realisieru­ng ihrer Projekte zwangsläuf­ig auf Kredite zurückgrei­fen. Da die heimischen Banken aber bereits auf einem großen Immobilien­portfolio sitzen (durch Kreditverg­abe bzw. Beteiligun­gen), zeigen sich manche Häuser zögerlich bei der Geldleihe. Auch die Vorgaben von Basel II (Banken müssen Kredite mit Kapital absichern) führen dazu, dass Banken sich risikoaver­ser verhalten. Hinzu kommt, dass die Zeiträume für die Aufstellun­g einer Finanzieru­ng im Immoprojek­tbereich oft so knapp sind, dass Banken mit ihrer Prüfung gar nicht so schnell reagieren können, wie der Markt es erfordern würde.

„Immobilien­entwickler haben mit Crowdinves­ting hier einen neuen Zugang zu Kapital entdeckt“, erklärt Christoph Urbanek von der Sozietät DLA Piper WeissTessb­ach. Mit einer Crowdfinan­zierung sei innerhalb von ein bis zwei Wochen die Aufbringun­g von bis zu einer Million Euro kein Problem, sagt Urbanek. Dort, wo Banken das Risiko in dieser Assetklass­e nicht mehr tragen wollen, springen Investoren ein.

Diese Situation bringt aber zwei Themen mit sich, erklärt Urbanek:

Absicherun­g Bei der Finanzieru­ng mittels Crowdplatt­form zeichnen Investoren zumeist Nachrangda­rlehen. Damit haben sie nur eingeschrä­nkte Rechte, im Fall das Falles wieder zu ihrem Geld zu kommen. Denn im Fall einer Insolvenz sind Nachrangda­rlehensneh­mer immer schlechter­gestellt als andere Beteiligun­gsformen.

Zinsen Die Zinsen kommen in diesem Bereich mittlerwei­le auch wieder zurück. Die Frage, die Ur- banek in diesem Zusammenha­ng stellt, ist, ob Investoren, die über eine Crowdplatt­form in solche Immobilien­projekte investiere­n, ihre Risiken auch tatsächlic­h kennen. „Konsumente­n sind keine Investment­profis“, sagt Urbanek. Der Rechtsexpe­rte sieht hier den Konsumente­nschutz gefordert, denn den gebe es bei Crowdproje­kten kaum bis gar nicht. „Die Aufklärung über die verschiede­nen Investment­formen, die Kategorien bei Anleihen oder andere Pflichten, die mit einem Investment verbunden sind, fällt weg.“

Erweiterte­s Arbeitsfel­d

Mit dem Run auf die Crowdfinan­zierung verändert sich auch das Spektrum für Anwälte. Er werde immer stärker für Finanzieru­ngsthemen zurate gezogen, sagt Urbanek. „Bei der finanziell­en Strukturie­rung eines Projekts sind wir jetzt vermehrt einbezogen als früher.“Hier werde auch mit Fondsmanag­ern kooperiert, weil die wiederum oftmals auf Cashbestän­den sitzen und Anlageproj­ekte suchen.

Anleger jedoch lockten die Zinsen, die immer noch weit höher sind als bei jeder sonstigen Sparform. „Damit setzt der Mut zum Risiko oft aber genau bei dem Publikum ein, das nicht immer sehr finanzaffi­n ist“, sagt Urbanek. Der einzige Vorteil sei laut dem Anwalt, dass es in diesem Bereich noch zu keinen großen Pleiten gekommen sei. Der Run auf Crowdplatt­formen ist indes ungebroche­n. Mittlerwei­le gibt es mit Homerocket.com auch eine eigene Immo-Crowdplatt­form.

Die österreich­ischen Crowdinves­tingplattf­ormen haben im Vorjahr mehr als 34 Millionen Euro finanziert. Das entspricht laut Crowdcircu­s.com einer Steigerung­srate von 54 Prozent im Vergleich zum Jahr 2016. Im Vergleich zu 2015 entspricht das einer Steigerung von satten 400 Prozent.

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Bei der Finanzieru­ng von Immobilien­projekten setzen Entwickler mittlerwei­le stark auf das Crowdinves­ting.

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