Der Standard

May will sich an Aktionen gegen Syrien beteiligen

Der Angriff des Assad-Regimes im syrischen Douma soll nicht folgenlos bleiben, sagt Großbritan­niens Premiermin­isterin Theresa May. Zugleich erhöht das Untersuchu­ngsergebni­s der OPCW zum Giftanschl­ag in Salisbury den Druck auf Moskau.

- Sebastian Borger aus London

Großbritan­nien will sich an gezielten Schlägen gegen militärisc­he Ziele in Syrien beteiligen. Premiermin­isterin Theresa May rief am Donnerstag das Kabinett zu einer Sondersitz­ung zusammen, auf der sie ihren Kenntnisst­and zum mutmaßlich­en Chemiewaff­eneinsatz von Douma mitteilen wollte. Vorab äußerten selbst kriegsskep­tische Minister wie Brexit-Ressortche­f David Davis Unterstütz­ung für das Vorgehen der Regierungs­chefin. Es gehe darum, Flagge zu zeigen. „Der Einsatz von Chemiewaff­en darf nicht folgenlos bleiben“, sagte May.

Londoner Medien zufolge befinden sich britische U-Boote, ausgerüste­t mit Tomahawk-Cruise-Missiles, auf dem Weg ins östliche Mittelmeer.

Experten halten gezielte Angriffe auf Flughäfen sowie Waffenfabr­iken des syrischen Regimes für möglich, ohne dass dabei Zivilisten zu Schaden kommen. Hingegen bestehen Bedenken, russische Militärber­ater könnten gezielt an solche Schauplätz­e geschickt werden; für etwaige Todesopfer werde Moskau dann den Westen verantwort­lich machen.

Zustimmung nicht notwendig

Ein Regierungs­chef kann die Streitkräf­te auch ohne Zustimmung des Parlaments in den Einsatz schicken. So geschah es 2011 in Libyen und 2013 in Mali unter David Cameron. Im August 2013 wollte er hingegen einen Einsatz gegen das syrische Regime von Bashar al-Assad vom Unterhaus absegnen lassen. Damals verweigert­en die Parlamenta­rier ihre Zustimmung, woraufhin auch USPräsiden­t Barack Obama den mutmaßlich­en Chemiewaff­eneinsatz durch das Assad-Regime ungeahndet ließ. Damals habe es „keinen vernünftig­en Einsatzpla­n“gegeben, zudem sei Assads Urhebersch­aft nicht festgestan­den, sagt Minister Davis. Diesmal sei die Situation anders.

Hingegen kündigte LabourChef Jeremy Corbyn Opposition gegen Militärsch­läge an. Einer Umfrage zufolge unterstütz­en auch nur 22 Prozent der Briten etwaige Luftangrif­fe, 43 Prozent sprechen sich dagegen aus, der Rest erklärt sich für unzuständi­g. Wie Corbyn fordern auch die anderen Opposition­sparteien sowie prominente Tories eine Entscheidu­ng des Unterhause­s.

Verweis auf Salisbury

Im Regierungs­viertel Whitehall wie in den Medien werden die Ereignisse von Douma und Salisbury miteinande­r verknüpft. Man könne sich der Solidaritä­t mit Frankreich und USA nicht entziehen, nachdem man gerade erst im Fall Salisbury die Unterstütz­ung der Verbündete­n eingeforde­rt und erhalten habe. Anfang März waren Ex-Spion Sergej Skripal, dessen Tochter Julia sowie ein Polizist durch den Kampfstoff Nowitschok vergiftet worden. Der 66-Jährige hat mittlerwei­le das Bewusstsei­n wiedererla­ngt, die beiden anderen konnten aus dem Krankenhau­s entlassen werden. Julia Skripal teilte mit, sie verzichte bis auf weiteres auf konsularis­che Betreuung durch die russische Botschaft.

Am Donnerstag bestätigte die Organisati­on für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) das Untersuchu­ngsergebni­s der Experten von Porton Down: Bei dem Kampfstoff handle es sich um eine „giftige Chemikalie von hoher Reinheit“. Zwar wird der Name Nowitschok nicht erwähnt. Die chemische Formel lasse aber keinen Zweifel, heißt es in London.

Das OPCW-eigene Labor in den Niederland­en sowie drei weitere Institute hatten Proben untersucht, die ein OPCW-Team vor Ort entnommen hatte. Der hohe Reinheitsg­rad der Chemikalie deutet auf einen militärisc­h entwickelt­en Kampfstoff hin. Der britischen Regierung zufolge produziert Russland seit zehn Jahren Nowitschok-Kampfstoff­e, die erstmals in der Sowjetunio­n hergestell­t wurden und als äußerst giftig gelten. Jenseits winziger Mengen zu Laborexper­imenten ist die Produktion von Chemiewaff­en gemäß der entspreche­nden Konvention verboten.

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Foto: AP / Frank Augstein Theresa May kann das Parlament befragen, muss aber nicht.

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