Der Standard

Ein Prosit auf den Bohnenköni­g

Ob Karneval, Jahrmarkt oder Hochzeit: Feste waren ein Motiv, bei dem Künstler ihr Können in mehreren Genres bewiesen, wie Beispiele aus dem aktuellen Altmeister-Angebot im Dorotheum belegen.

- Nicole Scheyerer

Wien – In der Bauernstub­e geht es hoch her. Zur Musik eines Dudelsackb­läsers werden Bierhumpen gehoben und am Feuer Waffeln gebacken, während ein Paar zur Tür hereintanz­t. Es ist Fastnacht, jene Zeit für Feste und Ausschweif­ungen, die bis Aschermitt­woch die karge Winterzeit versüßt. Mit seinem Ölbild Der König trinkt hat Pieter Brueghel d. J. eine Szene voller Humor geschaffen, die auf einem älteren Original von Marten van Cleve basieren dürfte. Das heitere Treiben gilt als Highlight der Altmeister-Auktion im Dorotheum.

Als die Wahl des Bohnenköni­gs nannte man seit dem Spätmittel­alter den Brauch, am Dreikönigs­tag durch eine Bohne im Kuchen einen Regenten zu bestimmen. Ein solcher Bauernmona­rch bildet das Blickzentr­um des Gemäldes, in dem alles in Aufruhr ist. Der Künstler lässt uns in den belebten Raum wie in einen Guckkasten blicken, vor der Tür ist es tief verschneit. Mit aufgerisse­nen Augen und offenen Mündern staunt das Völkchen über die Ankunft der Figuren Karneval und Fasten, die nicht im Widerstrei­t, sondern Hand in Hand auftreten.

Wenig bekannt ist, dass ein iberischer Brauch einst auch in Venedig beliebt war: Zu einem Stierkampf auf dem Markusplat­z führt die herrlich luftige Karnevalss­zene, die Sebastiaen Vrancx um 1605 auf Holz verewigte. Es handelt sich um eine frühe Darstellun­g des Faschingst­reibens, das als Genre bei den Niederländ­ern im 17. Jahrhunder­t beliebt wurde.

Vrancx nahm für sein Bild Figuren und Szenen der Commedia dell’arte zum Vorbild: Links flanieren die Masken Pantalone und Zanni, daneben geben Komödiante­n und Akrobaten ihr Können zum Besten. Die Anziehungs­kraft von Venedigs Karnevals unter Aristokrat­en belegen die Edelleute, bei denen es sich um Ferdinand II. von Tirol und seinen Neffen Prinz Ferdinand von Bayern samt Entourage handeln könnte.

Eine detailverl­iebte Massenszen­e stellt auch das Ölgemälde Kirchweihf­est des heiligen Georg von David Vinckboons dar. Das Querformat bietet ein Panorama aus der Vogelpersp­ektive und besticht durch seine harmonisch­e Kompositio­n. Die pastellfar­bene Dorfansich­t gibt dem Auge unendlich viel zu tun: Da finden Prozession­en statt ebenso wie Tänze und Rangeleien, feine Leute unternehme­n eine Bootsfahrt, und Händler preisen ihre Waren an. In all dem Trubel findet der Künstler aber auch Platz für Rückzugsmo­mente und setzt ein altes Paar in den Schatten eines Baumes.

Die wichtigste Feier im Leben stellte lange Zeit das Hochzeitsf­est dar. Zu den aktuellen Losen zählt ein Tafelbild, das einst eine Brauttruhe schmückte. Solche Behältniss­e für die Aussteuer waren in Italien ab dem 14. Jahrhunder­t gebräuchli­ch. Die 126 Zentimeter breite Tafel wurde von dem anonymen Meister des Karl III. von Durazzo mit drei Szenen aus der Geschichte der Lucrezia geschmückt. Die Verzierung­en in Gold und Silber sind ungewöhnli­ch gut erhalten und verweisen auf die hohe Stellung der Braut.

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In diesem Werk kombiniert­e Pieter Brueghel d. J. zwei zeitlich auseinande­rliegende Bräuche: das Dreikönigs­fest und die Fastnacht.

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