Der Standard

„Man muss auf das Ehrenamt zurückgrei­fen, auf Leute, die Zeit spenden“

Die Grünen müssen zurück zu den Wurzeln der sozialen und ökologisch­en Bewegungen – zu Menschen, die sich ohne Geld engagieren und alternativ­e Medien gestalten, sagt die Politikexp­ertin Barbara Blaha.

- Conrad Seidl

STANDARD: Ist außerparla­mentarisch­e Opposition aus Ihrer Sicht überhaupt möglich? Blaha: Auf die Grünen trifft der Begriff nicht ganz zu: Tatsächlic­h sind sie noch in vier Landesregi­erungen vertreten, sie sind in einigen Landtagen, sie sind in so ziemlich jeder Kommune mit Ortsgruppe­n und Bezirksgru­ppen verankert. Sie sind vielleicht Außer-Nationalra­ts-Opposition.

STANDARD: Auf die Gesetzgebu­ng können die Grünen nur von außen einwirken. Blaha: Das trifft beim Zustand des Parlamenta­rismus in Österreich aber auch auf Opposition­sparteien BARBARA BLAHA (34) war 2006 ÖHVorsitze­nde und engagierte sich in der SPÖ, aus der sie aus Protest gegen die Beibehaltu­ng von Studiengeb­ühren 2007 ausgetrete­n ist. 2008 rief sie den jährlich in Hallstatt stattfinde­nden Politikkon­gress Momentum ins Leben. INTERVIEW: im Nationalra­t zu. Der Unterschie­d besteht in der Frage der Ressourcen, weil Bundesmitt­el radikal wegfallen. Das ist die große Herausford­erung für die Grünen.

STANDARD: Weil gleichzeit­ig mit den Mitteln die Expertise von Mitarbeite­rn wegfällt? Blaha: Da gilt es den Schritt von einer parlamenta­risch organisier­ten Partei hin zu Engagement im ehrenamtli­chen Bereich zu schaffen. Man wird den Level an Expertise nicht ganz aufrecht erhalten können. Da muss man jetzt auf das Ehrenamt zurückgrei­fen, auf Crowdfundi­ng und auf Leute, die ihre Zeit spenden. Auf Bundes- ebene war davon in den letzten Jahren wenig zu spüren.

STANDARD: Bisher gab es eine Aufteilung zwischen parlamenta­risierter Umweltbewe­gung, auch parlamenta­risierter Menschenre­chtsbewegu­ng – das Ehrenamt, das überließ man Organisati­onen wie Greenpeace oder Amnesty? Blaha: Genau. Wobei die Grünen ja auch immer gesagt haben: „Wir wollen niemanden vereinnahm­en mit dem Parteilabe­l.“Das wieder neu aufzubauen ist sicher herausford­ernd für die Grünen. Es ist auf jeden Fall ganz viel an Klinkenput­zarbeit. Etwas aufzubauen, was dann auch konkret in der Öf- fentlichke­it wahrnehmba­r wird.

STANDARD: Wobei man ja auch nicht mehr so viel Öffentlich­keit bekommt, wenn man nicht im Parlament vertreten ist. Blaha: Das ist natürlich wahr. Auf der anderen Seite schafft das auch Freiräume für Öffentlich­keitsarbei­t abseits klassische­r Medien.

STANDARD: Mit Gegenöffen­tlichkeit ist aber das rechte Lager mit Medien wie „Unzensurie­rt.at“deutlich erfolgreic­her. Blaha: Es ist tatsächlic­h ein Versäumnis der Linken, dass man mit Neuen Medien lange nichts anzufangen wusste.

Newspapers in German

Newspapers from Austria