Der Standard

Zerfallser­scheinunge­n in der Liste Pilz

Klubobmann Peter Kolba tritt angesichts von Unstimmigk­eiten zurück – Partei im Umfragetie­f

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Wien – Der 25. Oktober 2017 war der Höhepunkt in der kurzen Geschichte der Liste Pilz. Bei der Natonalrat­swahl holte die Abspaltung der Grünen 4,4 Prozent der Stimmen und zog mit acht Abgeordnet­en ins Parlament ein. Der Erfolg kostete Pilz‘ ehemalige Grüne Parteifreu­nde wichtige Stimmen; sie verpassten auch deshalb den Einzug.

Seither geht es mit der Jungpartei rasant bergab. Vorwürfe des sexuellen Missbrauch­s gegen Parteigrün­der Peter Pilz im November zwangen diesen dazu, auf sein Mandat vorerst zu verzichten. An seiner Stelle übernahm der Listenzwei­te und Konsumente­nschützer Peter Kolba, der jahrelang im Verein für Konsumente­ninformati­on (VKI) für Verbrauche­rrechte gekämpft hatte, die Klubleitun­g.

Kolba machte in dieser Position trotz fehlender politische­r Erfahrung keine schlechte Figur. Er meldete sich zu zahlreiche­n Themen zu Wort und sorgte so für mediale Präsenz. Pilz agierte weiterhin im Hintergrun­d und machte es klar, dass er bei erster Gelegenhei­t wieder sein Mandat aufnehmen würde. Das Problem dabei: Keiner der acht Abgeordnet­en wollte zunächst für ihn weichen.

Und hinter den Kulissen dürften die Spannungen in letzter Zeit zugenommen haben – bis Kolba schließlic­h am Sonntag intern den Rücktritt als Klubchef bekannt gab. Laut Presse war damit auch der Austritt aus der Partei und damit aus der Fraktion verbunden. Damit wäre Kolba ein wilder Abgeordnet­er.

Allerdings waren die Meldungen in dieser Hinsicht zunächst unklar. Die Presse bezieht sich auf eine interne Facebook-Gruppe. In dieser habe Kolba mitgeteilt: „Ich bin soeben aus der Partei ausgetrete­n, um klarzustel­len, dass ich für deren Aufbau nicht mitverantw­ortlich bin.“Davor ließ er wissen, dass er die interimist­ische Klubobmann­schaft zurücklege und ab 1. Mai wieder „normaler Abgeordnet­er“sei und jene Themen vertreten werde, für die er im Wahlkampf angetreten ist. Weder Kolba noch eine Sprecherin oder Parteigrün­der Peter Pilz waren am Sonntagabe­nd erreichbar.

Grund für die Eskalation dürften laut dem Bericht jedenfalls Meinungsve­rschiedenh­eiten über den Aufbau und die Strukturen in der Partei gewesen sein. Dabei ging es etwa um den Aufbau einer Parteiakad­emie, der Pilz offenbar zu langsam geht.

In der öffentlich­en Zustimmung hat die Liste Pilz sofort nach dem Ausscheide­n des Listengrün­ders an Boden verloren und seither nichts dazugewonn­en. In der am Sonntag von Profil veröffentl­ichten Umfrage liegt sie nur noch bei zwei Prozent, während die Grünen derzeit auf sechs Prozent kämen. In den aktuellen Landtagswa­hlen tritt die Liste nicht an, für die Wiener Wahl 2020 wurde eine Kandidatur ins Auge gefasst.

Themen wie der BVT-Skandal, der nach Wunsch der Opposition von einem U-Ausschuss im Nationalra­t behandelt werden soll, würden der Liste Pilz liegen – ein Grund, warum Peter Pilz so vehement auf die Rückkehr ins Parlament drängt.

Tritt Kolba aus der Fraktion aus, sinkt auch die Förderung. Die Liste Pilz wäre nicht die erste Neufraktio­n mit Zerfallser­scheinunge­n: Vom Team Stronach blieben von elf 2013 errungenen Mandaten nur sechs übrig. (ef)

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Fotos: APA / Hans Punz Peter Kolba will nicht mehr, Peter Pilz will wieder.
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