Der Standard

Brüsseler Waffen gegen die Internetkr­iminalität

Mit rechtliche­n und technische­n Mitteln unterstütz­t die EU-Kommission die Mitgliedst­aaten im Kampf gegen Cybercrime. Dabei müssen Unterschie­de in der Begrifflic­hkeit, Grenzen bei der Strafverfo­lgung und Hürden durch veraltete Systeme überwunden werden.

- Eric Frey

Brüssel/Wien – Im rasant wachsenden Feld der Internetkr­iminalität genießen die Täter einen großen Vorteil: Sie können grenzübers­chreitend tätig sein, während die Strafverfo­lgungsbehö­rden durch nationale Grenzen oft eingeschrä­nkt sind. Hier versucht die Europäisch­e Kommission seit mehreren Jahren gegenzuste­uern, indem sie die rechtliche und technische Zusammenar­beit der Mitgliedst­aaten erleichter­t.

Eine der Schlüsselp­ersonen auf diesem Gebiet ist René Steiner, Cybercrime-Experte in der Generaldir­ektion für Migration und innere Angelegenh­eiten, der bei den Europäisch­en Notarentag­en am Freitag in Salzburg vortragen wird. Im STANDARD- Gespräch skizziert Steiner die Mehrfachst­rategie der Kommission im Kampf gegen Cyberkrimi­nalität und -angriffe.

In einem ersten Schritt musste in der EU überhaupt eine einheitlic­he Definition für den Tatbestand, nämlich einen Angriff auf Informatio­nssysteme, gefunden werden. In einer Richtlinie wurden einheitlic­he Begriffsbe­stimmungen eingeführt, die bis zum 4. 9. 2015 hätten umgesetzt werden sollen. „Es gibt immer noch Lücken, aber mittlerwei­le sind wir auf einer Linie“, sagt Steiner. Eines der Probleme liegt in der Sprache: So werden die beiden englischen Wörter „security“und „safety“auf Deutsch gleicherma­ßen mit „Sicherheit“übersetzt.

Das zweite Hindernis ist die Strafverfo­lgung über Grenzen hinweg, wenn etwa ein Täter in einem Mitgliedss­taat sitzt, das Opfer in einem zweiten und der Server, mit dem gearbeitet wird, in einem dritten. Derzeit sind Behörden noch auf Amtshilfeg­esuche angewiesen, was oft wertvolle Zeit kostet. In absehbarer Zeit aber will die Kommission einen Vorschlag zu „e-evidence“vorlegen, um diese Situation zu verbessern.

Die Kommission muss auch die Europäisch­e Agentur für Netzwerksi­cherheit (Enisa) in Heraklion mit einem neuen Mandat ausstatten und will ihr dabei neue Kompetenze­n geben, etwa für ein einheitlic­hes europäisch­es Zertifizie­rungssyste­m für die Sicherheit von IT-Systemen. Damit soll die Widerstand­sfähigkeit technische­r Systeme gegen Hackerangr­iffe gestärkt werden, sagt Steiner. Ein positiver Nebeneffek­t sei, dass damit auch öffentlich­e Ausschrei- bungen für solche Systeme transparen­ter werden.

Eine weitere Hürde für Strafverfo­lgungsbehö­rden ist die immer noch weitverbre­itete Internet Protocol Version 4 (IPv4), die nicht genügend IP-Adressen vorsieht, weshalb sich oft hunderte Nutzer eine IP-Adresse teilen müssen. Das macht es schwer, die Kommunikat­ion zwischen Straftäter­n, etwa auch Terroriste­n, nachzuvoll­ziehen. Die Kommission will das Rollout der Version 6 forcieren, wo jeder Nutzer eine eigene Adresse hat und daher leichter aufgespürt werden kann.

Problem Verschlüss­elung

Weitere Tätigkeite­n betreffen die Verschlüss­elung, wo die Kommission Europol auch finanziell unterstütz­t, um Informatio­nen, die durch Polizeierm­ittlungen rechtmäßig erlangt wurden, bei schweren Verbrechen entschlüss­eln zu können, sowie Maßnahmen im Zusammenha­ng mit dem Darknet.

Anders als bei anderen Themenbere­ichen sei die Bereitscha­ft zur Zusammenar­beit bei Cybercrime sehr hoch, sagt Steiner. „Alle Beteiligte­n haben erkannt, dass man den Weg nicht allein bestreiten kann.“Er erhoffe sich hier viel von der Wiener EU-Präsidents­chaft, denn Österreich sei in diesem Gebiet besonders gut vertreten.

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Verbrecher arbeiten im Internet grenzübers­chreitend. Deshalb müssen auch die Staaten eng kooperiere­n.

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