Der Standard

Wo die größten Risiken lauern

DSGVO verlangt eine Datenschut­z-Folgenabsc­hätzung

- Axel Anderl, Anja Cervenka

Wien – Die Datenschut­z-Folgenabsc­hätzung ist ein zentraler Drehund Angelpunkt der Datenschut­zGrundvero­rdnung (DSGVO): Sie erfolgt für als besonders kritisch und riskant identifizi­erte Datenverar­beitungen. Ziel ist es, die tatsächlic­hen Risiken einer konkreten Verarbeitu­ng von personenbe­zogenen Daten zu identifizi­eren (wie z. B. potenziell­e Hackerangr­iffe, technische Schwachste­llen wegen der eingesetzt­en Technologi­e, unachtsame Mitarbeite­r), zu bewerten, risikomini­mierende Maßnahmen festzulege­n und diese systematis­ch zu beschreibe­n (z. B. Firewall, Begrenzung der Zugriffsbe­rechtigung­en, Mitarbeite­rschulung). Die Abschätzun­g dient nicht dem Selbstzwec­k, sondern ist die Basis für die Frage, ob und in welchem Umfang eine Datenverar­beitung überhaupt zulässig ist. Zugleich ist die Datenschut­zFolgenabs­chätzung gemeinsam mit dem Verarbeitu­ngsverzeic­hnis die Basis für etwaige Meldungen bei Datenschut­zverstößen: Nur wer die Verarbeitu­ngen sauber dokumentie­rt hat und die Risiken kennt, kann der Behörde im Anlassfall innerhalb der knappen 72-Stundenfri­st die erforderli­che detaillier­te Auskunft geben.

Datenschut­z-Folgenabsc­hätzungen sind dann erforderli­ch, wenn die Datenverar­beitung, insbesonde­re bei der Verwendung neuer Technologi­en, aufgrund der Art, des Umfangs, der Umstände und der Zwecke der Verarbeitu­ng voraussich­tlich ein hohes Risiko für die Betroffene­n zur Folge hat. Das ist jedenfalls der Fall, wenn

eine Bewertung von Personen Q durch eine automatisi­erte Entscheidu­ng stattfinde­t (Profiling),

umfangreic­h sensible (GesundQ heitsdaten!) oder strafrecht­liche Daten (Whistleblo­wing-Hotline) verarbeite­t werden oder

bei systematis­cher ÜberwaQ chung öffentlich zugänglich­er Bereiche.

Eine gewisse Hilfestell­ung bieten die von der Datenschut­zbehörde zu erlassende­n Listen von Anwendunge­n, für die eine Abschätzun­g jedenfalls („black list“) oder nicht („white list“) notwendig ist. In einem ersten Behördenen­twurf der „white list“werden die bisherigen Standardve­rarbeitung­en, die etwa die praktisch relevanten Bereiche Kundenverw­altung, Rechnungsw­esen, Logistik, Buchführun­g und Personalve­rwaltung umfassen, ausgenomme­n. Gleiches gilt für Verarbeitu­ngen, die nach dem alten Regime einer Vorabkontr­olle der Datenschut­zbehörde unterzogen wurden und im Wesentlich­en unveränder­t weiterbetr­ieben werden.

Mindestinh­alt einer Folgenabsc­hätzung ist die systematis­che Beschreibu­ng der Verarbeitu­ng und ihrer Zwecke, die Bewertung der Notwendigk­eit und Verhältnis­mäßigkeit sowie der Risiken. Als letzter Schritt müssen die aufgrund des Risikos getroffene­n Abwehrmaßn­ahmen, Garantien, Sicherheit­svorkehrun­gen und Verfahren dokumentie­rt und implementi­ert werden.

Auf technische­r Ebene bietet die ISO/IEC-29134:2017-Leitlinie eine Hilfestell­ung. Gibt es einen Datenschut­zbeauftrag­ten im Unternehme­n, ist dieser beratend hinzuziehe­n; die Pflicht zur Durchführu­ng bleibt beim Verantwort­lichen. Wichtig ist auch, die Datenschut­zFolgenabs­chätzungen laufend zu prüfen und an geänderte Umstände (neue Risiken, eingetrete­ne Incidents) anzupassen.

AXEL ANDERL ist Managing Partner bei Dorda Rechtsanwä­lte, leitet das IT/IP-Team und ist Co-Leiter der Datenschut­zgruppe. ANJA CERVENKA ist Rechtsanwa­ltsanwärte­rin bei Dorda und auf Datenschut­zrecht spezialisi­ert. anja.cervenka@dorda.at

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