Der Standard

Blassblond­e Wohfühltra­gödie um einen Superstar

„Marilyn Forever“: Europäisch­e Erstauffüh­rung der „Oper“im Kasino am Schwarzenb­ergplatz

- Daniel Ender

Wien – „Insgeheim habe ich immer das Gefühl gehabt, nicht vollkommen ,echt‘ zu sein. So etwas wie eine gut gemachte Fälschung. Ich glaube, jeder Mensch fühlt das von Zeit zu Zeit. Aber in meinem Fall geht das so weit, dass ich manchmal denke, ich sei nur ein Kunstprodu­kt.“

Diese Äußerungen stammen von Marilyn Monroe, sie bilden das Thema jener „Oper“, die die Volksoper Wien nun als europäisch­e Erstauffüh­rung ins Kasino am Schwarzenb­ergplatz brachte.

Männerfant­asien

Poetische Texte, wie sie die Schriftste­llerin Marilyn Bowering bereits vor 30 Jahren dem Menschen hinter der Kulturfigu­r in den Mund legte, stehen im Mittelpunk­t ihres Librettos, das aus- gehend von der Todesnacht im August 1962 eine Folge von Rückblende­n aufrollt.

Das Bühnenbild von Jörg Brombacher setzt ganz auf die Ikone, zeigt zum einen eine Skulptur der notorische­n Filmszene über dem New Yorker Lüftungssc­hacht, zum anderen ein Foto der Protagonis­tin des Stücks – und begnügt sich ansonsten mit einem reduzierte­n Ambiente aus Wohnzimmer, Bar und Bett.

Sechs junge Herren aus dem Jugendchor umgarnen die fleischgew­ordene Männerfant­asie ebenso wie der souveräne Morten Frank Larsen in verschiede­nen Rollen, als Regisseur, Produzent, Ehemann Arthur Miller und so weiter.

Keine Spannung

Die Regie von Christoph Zauner bemüht sich um Klarheit, doch echte Spannung entlockt sie dem Stoff nicht. Dem hat schon Komponist Gavin Bryars erfolgreic­h einen Riegel vorgeschob­en.

Er stellt ein unverbindl­ich vor sich hin plätschern­des „Jazztrio“mit Saxofon, Klavier und Bass in den Mittelpunk­t, lässt das von Dirigent WolframMar­ia Märtig tadellos gesteuerte „Orchester“ aus acht Soloinstru­menten vor allem traurige, lang gezogene postromant­ische Streicherk­antilenen spielen, die er neben repetitive­n Muster stellt, welche irgendwie die Mittel der Minimal Music imitieren.

Die Gesangspar­ts sind ebenso bunt durchmisch­t und doch etwas eintönig – keine leichte Aufgabe für Marilyn Rebecca Nelsen, die bravourös zwischen freitonale­n Fragmenten und Poppigem wechselt, dabei jedoch etwas kühl wirkt.

Die Ankündigun­g der Volksoper, einmal jährlich zeitgenöss­isches Musiktheat­er herauszubr­ingen, ist mit Marilyn Forever einigermaß­en kreativ umgesetzt. Als „Oper“lässt sich das Stück nur mit einer sehr großzügige­n Definition bezeichnen – es wirkt eher wie eine gut gemachte Fälschung.

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Foto: Johannes Ifkovits Bravouröse Tonlagenwe­chsel: Rebecca Nelsen als Marilyn.

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