IKG-Chef Deutsch attackiert FP
Burschenschafter „Nachfolger der Vorgänger der Nazis“
Wien – Nach dem Schriftsteller Michael Köhlmeier fand auch Oskar Deutsch, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), im Rahmen der NS-Gedenken scharfe Worte für die Freiheitlichen: Burschenschafter seien „keine Nazis, sie sind die Nachfolger der Vorgänger der Nazis. Und ihr politischer Arm ist die FPÖ“, erklärte er in einer Rede im KZ Mauthausen am Sonntag. Einmal mehr begrüßte Deutsch auch die Nichteinladung blauer Regierungsmitglieder: Es wäre falsch, „Men- schen, die die Befreiung Europas am 8. Mai als Niederlage betrauern und die Überlebenden dieses KZ als ,kriminell‘ und ,Landplage‘ bezeichnen, eine Bühne für eine Maskerade zu bieten, nur weil sie nun nach Anerkennung streben“.
In der ÖVP reagierte man über Köhlmeiers Aussage zu Kanzler Sebastian Kurz empört, dass es „auch damals schon Menschen gegeben“habe, „die sich damit brüsteten, Fluchtrouten geschlossen zu haben“. (red)
Linz – Die Rede, die der Schriftsteller Michael Köhlmeier bei der NSGedenkveranstaltung des Parlaments gehalten hat, sorgt weiter für gehörig Wirbel. Wiens scheidender Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) verteidigte in dem Zusammenhang Bundeskanzler Sebastian Kurz.
Er halte die Rede Michael Köhlmeiers zwar für „zu 99 Prozent positiv“, doch mit Shoah-Vergleichen müsse man „immer vorsichtig sein“, erklärte er in der ORFPressestunde. Köhlmeier hatte in Anspielung auf die „Schließung der Balkanroute“, mit der Kurz sich regelmäßig rühmt, gesagt: „Es hat auch damals (in der NSZeit, Anm.) schon Menschen gegeben, die sich damit brüsteten, Fluchtrouten geschlossen zu haben.“Dazu Häupl deutlich: Der Vergleich sei „in die Hose gegangen“.
Präsidiale Zurückhaltung
Vor dem Hintergrund der Debatte und der Kontroverse um die Ausladung von FPÖ-Mitgliedern wurden die heurigen Gedenkfeiern im ehemaligen KZ Mauthausen mit Spannung erwartet.
Bei den Gedenkfeierlichkeiten am Sonntag auf den KöhlmeierAuftritt angesprochen, zeigte sich Wolfgang Sobotka im STANDARDGespräch auffallend zurückhaltend: „Wichtig waren die Beiträge der Jugendlichen, die den Opfern eine Stimme gegeben haben.“Der Nationalratspräsident spielte damit auf ein Jugendprojekt an, welches bei den Feierlichkeiten in der Hofburg präsentiert wurde. Mit Sobotka nahm übrigens erstmals ein Nationalratspräsident bei der Gedenkfeier am Sonntag vor dem jüdischen Mahnmal teil. In seiner Rede erinnerte dieser, dass es „für uns Österreicher eine Verantwortung sein muss, unsere jüdischen Mitbürger so zu schützen, dass sie sich frei entfalten können, dass sie hier nicht nur Heimat finden, sondern unbelastet und ohne Angst ihr Leben gestalten können.“
Deutlich schärfer dann Oskar Deutsch, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG): „Die Shoah hat nicht in Mauthausen begonnen. Der erste Schritt auf dem Weg zur Massenvernichtung war Antisemitismus.“In vielen Parteien sei der präsent gewesen.
Deutsch: „Aber es waren die Deutschnationalen, die den Antisemitismus zu einer politischen Waffe machten und vor ,Verjudung‘ und ,Überfremdung‘ warnten. Sie bauten das Gerüst des Hasses, das in den Krematorien der Konzentrationslager mündete.“Der rassistische Ungeist lebe in vielen deutschnationalen Burschenschaften weiter. „Seien wir genau: Sie sind keine Nazis, sie sind die Nachfolger der Vorgänger der Nazis. Und ihr politischer Arm ist die FPÖ“, führte der IKG-Präsident aus. Einmal mehr begrüßte Deutsch auch die Nichteinladung der blauen Regierungsmitglieder: „Ja, richtig wäre, dass die gesamte Bundesregierung heute in Mauthausen gedenkt. Aber nein, es ist falsch, Menschen, die die Befreiung Europas am 8. Mai als Niederlage betrauern und die Überlebende dieses KZs als ,kriminell‘ und ,Landplage‘ bezeichnen, eine Bühne für eine Maskerade zu bieten, nur weil sie nun nach Anerkennung streben.“
An der Gedenkfeier selbst nahmen heuer wieder tausende Besucher teil. Für Ärger sorgten die erstmals umgesetzten Sicherheitsmaßnahmen auf dem Gelände. So war etwa die ehemalige „Todesstiege“gesperrt, was vor allem unter den vielen ausländischen Gästen für Unmut sorgte. (mika, mro) Kultur S. 13, Kommentar S. 20