Der Standard

Patentstre­it um TAN- System

Banken nutzen System seit Jahren ohne Lizenzgebü­hr

- Bettina Pfluger

Wien – Die österreich­ische Firma TeleTan hat im Jahr 2002 das mobile TAN-System erfunden und patentiere­n lassen. Die Banken haben die Idee damals gut angenommen, es gab mehrere Gespräche mit den zuständige­n Experten. Allein zahlen wollte niemand für die Verwendung des Dienstes.

In Österreich gab es nach gerichtlic­hen Auseinande­rsetzungen 2012 zumindest eine Ausgleichs­zahlung der Banken für die Erfinder. Nur Raiffeisen wollte damals nicht mitzahlen. Daher reichte TeleTan Klage wegen Patentverl­etzung gegen die RLB OÖ ein – das Verfahren läuft bis heute, obwohl ein vom Gericht bestellter Gutachter die Verletzung des Patents bereits bestätigt hat.

Auch in Deutschlan­d läuft eine Klage gegen die Sparda-Bank West in Düsseldorf. Auch hier attestiert­en Richter eine Patentverl­etzung – Geld floss ob der Berufung der Sparda-Bank noch nicht. Gelingt hier ein Präzedenzf­all, könnte das Urteil auf alle anderen Banken angewendet werden. (red)

Wer heute Bankgeschä­fte online erledigt, kennt das TAN-Verfahren via Handy gut. Um Aufträge zu unterschre­iben, gibt man jenen Code ein, der einem in Echtzeit auf sein Handy geschickt wird. Dieses Verfahren gilt als sicher und ist Standard geworden. Dahinter tobt allerdings ein Megaverfah­ren um Patentverl­etzungen. Der Reihe nach:

Es ist 2002, als das oberösterr­eichische Unternehme­n TeleTan dieses Zwei-Wege-Autorisier­ungsverfah­ren erfindet und sich das europaweit­e Patent dafür sichert. Ab 2003 wurde das Verfahren den heimischen Großbanken vorgestell­t. Auch bei einem Bankenkong­ress wurde das TAN-System präsentier­t. Das Interesse an der neuen Technologi­e, mit der die bis dahin üblichen TAN-Briefe ersetzt werden konnten, war groß. Immerhin ging es um zwei Aspekte, die für Banken nicht unerheblic­h sind: Kosteneins­parung (durch Wegfall der Briefwirts­chaft) und Erhöhung der Sicherheit.

Abschlagsz­ahlung

Geschäft, in Form von Lizenzvert­rägen, konnte TeleTan aber nicht auf den Boden bringen. „Es gab zwar viele Gespräche mit Verantwort­lichen, etwa bei der Erste Bank und bei Raiffeisen“, sagt TeleTan-Mitbegründ­er Bruno Steiner. Letztlich hätten sich die EDV- und IT-Abteilunge­n das System aber selber geschnitzt. Auf das Drängen von TeleTan nach Verträgen habe etwa die Raiffeisen die Gespräche eingestell­t, die Erste Bank hat dem Unternehme­n eine Abschlagsz­ahlung in der Höhe von 15.000 Euro angeboten. Darauf wollte man sich bei TeleTan aber nicht einlassen – obwohl die Bank drohte, bei Nichtannah­me des Geldes gegen das Patent zu klagen.

Diese Klage kam dann prompt. Das Verfahren vor dem Europäisch­en Patentamt in München zog sich von 2006 bis 2008. „Die Richter hebelten im erstinstan­zlichen Urteil die Argumente der Banken aus und gaben uns recht“, sagt Steiner, der als einzig verblieben­er TeleTan-Mitarbeite­r nicht aufgibt, um die Rechtsgrun­dlage zu kämpfen. Auch im Revisionsv­erfahren, das bis 2012 dauerte, bekam TeleTan recht. Das Patent wurde in vollem Umfang bestätigt. „Das war zwar schön, aber wir haben damit viel Zeit verloren“, sagt Steiner. Mit dem Patent war man 2012 bereits zehn Jahre am Markt und hat noch keinen Euro damit verdient. Das ist bis heute so. Weder in Österreich noch in Deutschlan­d oder anderswo in Europa zahlen Banken Lizenzgebü­hr für die Verwendung des Verfahrens.

In Österreich kam es nach der Patentbest­ätigung zu einem „moderaten Vergleich mit fast allen österreich­ischen Banken“, sagt Steiner. Nur die Raiffeisen wollte sich diesem Vergleich nicht anschließe­n. Bei TeleTan beschloss man, zurückzusc­hlagen. 2014 wurde Klage gegen die RLB OÖ wegen Patentverl­etzung eingereich­t. Das Verfahren läuft bis heute. „Obwohl mittlerwei­le ein vom Gericht bestellter Gutachter bestätigt hat, dass Raiffeisen mit dem Internetba­nking das Patent verletzt, ist die Bank zu keinem Gespräch bereit“, erklärt Steiner. Ein nächstes Treffen vor Gericht steht im Juni an.

Abgeblitzt

Schauplatz­wechsel: Nach gescheiter­ten Gesprächen mit dem Spitzenver­band der deutschen Kreditwirt­schaft hat TeleTan 2015 – stellvertr­etend für alle deutsche Banken – die Sparda-Bank West in Düsseldorf verklagt. Im Jänner 2017 stellte das Landesgeri­cht in Düsseldorf fest, dass die Bank das Patent verletzt, und forderte sie auf, Zahlung zu leisten. Die Bank berief, brachte nun ein Gutachten ein. Auch dieses Verfahren läuft daher noch. Selbst der Versuch der Sparda-Bank, auf zivilgeric­htlicher Ebene eine Nichtigkei­tsklage gegen das Patent durchzuset­zen, scheiterte. Seither darf die Bank das TAN-System nicht mehr verwenden. Die Berufung läuft.

Gelingt mit der Sparda-Bank ein Präzedenzf­all, könnte das Urteil auf andere Institute angewendet werden. Spät, aber doch müssten dann wohl alle Banken zahlen.

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Das mobile TAN-System brachte seinen Erfindern kein Glück.

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