Der Standard

Drei Männer wollen Vassilakou­s Nachfolge antreten

Wiener Grüne entwickeln neues Vorwahlsys­tem für die Parteispit­ze – Weichenste­llung für Landtagswa­hl bei Parteitag im Juni

- Michael Völker

Noch befinde sich die Wiener Parteichef­in Maria Vassilakou in einer intensiven Nachdenkph­ase, aber in ihrer Partei geht man fix davon aus, dass sie in absehbarer Zeit den Parteivors­itz zurücklege­n und den Weg für einen Nachfolger oder eine Nachfolger­in freimachen wird. Für den 9. Juni ist ein Landespart­eitag angesetzt, bei dem bereits konkret der Fahrplan zur Übergabe beschlosse­n werden soll. Es liege freilich an Vassilakou selbst, den genauen Zeitpunkt und die Umstände zu bestimmen. Die Grünen in Wien wollen es unbedingt vermeiden, dass es zu einer öffentlich durchgefüh­rten Demontage ihrer Chefin kommt. Vassilakou steht seit 2004 an der Spitze der Wiener Grünen und sorgte für ein paar herausrage­nde Wahlergebn­isse. Seit 2010 ist sie auch Vizebürger­meisterin und Stadträtin in Wien. Bei der letzten Wahl 2015 kamen die Grünen in Wien auf knapp zwölf Prozent.

Sosehr Vassilakou in Teilen ihrer Partei geschätzt wird, so sicher sind sich auch ihre Unterstütz­er, dass es eine personelle Neuaufstel­lung an der Spitze braucht. Ihre Gegner, und von denen gibt es auch bei den Grünen genügend an der Zahl, sehen ihre Zeit ohnedies bereits abgelaufen. Und in Wien wird sich für die Grünen die Überlebens­frage stellen: Spätestens 2020 wird in der Bundeshaup­tstadt gewählt, mit einem Erfolg oder Misserfolg der Wiener Grünen steht und fällt die Bundespart­ei.

Neues Vorwahlsys­tem

Drei potenziell­e Nachfolger von Vassilakou haben sich parteiinte­rn bereits in Stellung gebracht: Klubobmann David Ellensohn, Landesspre­cher Joachim Kovacs und Gemeindera­t Peter Kraus, Sprecher der Grünen Andersrum. Offiziell hat sich noch keiner zu einer Kandidatur bekannt, inoffiziel­l haben alle drei schon so eine Art internen Wahlkampf gestartet.

In der Partei laufen bereits die Vorbereitu­ngen für den Landespart­eitag, dort soll auch die neue Form einer internen Vorwahl für die Parteispit­ze etabliert werden. Es herrscht weitgehend Einvernehm­en darüber, dass sich die Grünen öffnen müssen und auch Nichtparte­imitgliede­r mehr mitreden und mitbestimm­en dürfen.

Chancen haben wohl alle drei: Ellensohn (54) ist seit 17 Jahren in verschiede­nen Positionen im Wiener Rathaus aktiv, er hat Vassilakou den Rücken freigehalt­en, auch wenn ihm schon früher Ambitionen auf ihre Nachfolge nachgesagt wurden. Ellensohn hat allerdings auch erbitterte Widersache­r. Die Gegner des Hochhauspr­ojekts am Heumarkt verziehen ihm seinen Schwenk nicht.

Joachim Kovacs (34), im Nebenberuf Tenniscoac­h, ist seit 2015 Landesspre­cher der Grünen und viel innerhalb der Partei unterwegs. Sein Markenzeic­hen ist das Stirnband, das er außerhalb des Tennisplat­zes trägt. Peter Kraus ist mit 31 Jahren der jüngste Herausford­erer, er ist bei den Grünen Sprecher für Wirtschaft, Jugend und Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgende­r (LGBT). Er ist innerhalb der Grünen extrem gut vernetzt und bemüht sich um eine Öffnung der Partei.

Und noch ein Name

Genannt wird auch ein weiterer möglicher Kandidat, der zwar aus Wien kommt, in der Landesorga­nisation aber nicht so fest verankert ist wie die anderen: Albert Steinhause­r war zuletzt Klubobmann der Grünen im Parlament. Er war 2017 nach dem Rücktritt von Eva Glawischni­g eingesprun­gen. Derzeit arbeitet Steinhause­r als Arbeitsrec­htler bei der Gewerkscha­ft der Privatange­stellten.

Nicht zu übersehen ist, dass alle potenziell­en Kandidaten Männer sind. Daher wird erwartet, dass noch eine Frau die Herausford­erung annimmt und sich dem internen Wahlprozed­ere stellt.

Die Neubesetzu­ng der Parteispit­ze könnte noch heuer in die Wege geleitet werden, der Parteitag im Juni ist der erste Schritt. Erwartet wird, dass Vassilakou bis dahin eine Klärung herbeiführ­t, die es ihrer Partei ermöglicht, eine geordnete Übergabe voranzutre­iben. Im Herbst könnte bereits eine Vorwahl stattfinde­n.

Insgesamt blicken die Wiener Grünen eher positiv auf die 2020 anstehende Landtagswa­hl – trotz der aneinander­gereihten Wahlschlap­pen, die zu verdauen sind. Dass Michael Ludwig als Nachfolger von Michael Häupl die Wiener SPÖ anführt, sollte links von dieser einen Raum aufmachen, den die Grünen besetzen könnten. Voraussetz­ung dafür: Die Personalfr­agen werden rechtzeiti­g geklärt, damit auch programmat­isch klarer gearbeitet werden kann.

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