Der Standard

„Nudging“– wie uns ein Stups in die richtige Richtung helfen soll

- Bettina Pfluger

Wien – „Nudging“ist ein neues Modewort. Zuletzt aufgeflamm­t ist es bei der Zentralmat­ura und hat einige Anwärter auf dem Weg zur Erlangung ihrer Reife ratlos zurückgela­ssen. So zumindest lassen sich die Witze erklären, die seit der diesjährig­en Deutschmat­ura im Internet kursieren. Doch worum geht es dabei wirklich?

Ein „Nudge“bezeichnet einen kleinen Stups, damit Menschen das Richtige tun bzw. damit sie, langfristi­g gesehen, die klügere Entscheidu­ng treffen. Denn Menschen verhalten sich von Natur aus nicht immer rational. So greifen viele lieber zur Schokolade als zum gesünderen Apfel – obwohl sie wissen, dass sie das später auf der Waage bereuen. Solch unkluge Verhaltens­weisen können sich durch alle Lebensbere­iche ziehen.

Keine Manipulati­on

In der Wirtschaft­swelt ist Nudging längst angekommen. Zu erforschen, wie Menschen unauffälli­g in die richtigen Bahnen gelenkt werden können und wie wir von der Industrie gelenkt werden, ist Teil der Verhaltens­ökonomie. Der US-Ökonom Richard Thaler hat für seine Forschungs­ergebnisse in diesem Gebiet im Vorjahr den Wirtschaft­snobelprei­s erhalten. Dass Menschen nicht perfekt sind, „muss in wirtschaft­lichen Modellen berücksich­tigt werden“, sagte Thaler in einem Interview mit dem Standard. Denn es gehe dabei ja auch darum zu helfen. So würde ein Mangel oder Überangebo­t an Informatio­nen – etwa bei komplexen Finanzthem­en – oft kontraprod­uktiv wirken.

Zwischen einem Stups und Manipulati­on gelte es aber strikt zu unterschei­den, sagt Thaler. Manipulati­on sei intranspar­ent, Nudges hingegen sind kein Geheimnis. „Wird in einem Urinal eine Fliege positionie­rt, erhöht das die Treffsiche­rheit der Männer“, erklärt Thaler ein einfaches Nudge-Beispiel. Jeder könne die Fliege sehen.

Firmen verleiten Menschen seit jeher dazu, ihre Produkte zu kaufen, und wecken Bedürfniss­e. Es ist laut Thaler daher praktisch unmöglich, Leute nicht zu beeinfluss­en. Daher sei es sinnvoll, sich zu überlegen, wie man mit Nudges das Gemeinwohl steigern könne.

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