Der Standard

Datenschut­zgesetz bringt keine Straflosig­keit, aber Verhältnis­mäßigkeit

Eine Verwarnung von Ersttätern entspricht dem österreich­ischen Verwaltung­sstrafprin­zip – auch bei der DSGVO

- Felix Hörlsberge­r

Wien – Böse Zungen haben jahrelang behauptet, dass es billiger wäre, hin und wieder eine Verwaltung­sstrafe für Datenschut­zverletzun­gen in Kauf zu nehmen, als sich an das Datenschut­zgesetz zu halten. Auch wenn diese Aussage schon bisher nicht zutraf, weil insbesonde­re durch Unterlassu­ngsklagen unliebsame­n Wettbewerb­ern in extremen Fällen auch strafrecht­liche Verurteilu­ngen drohten, hatte es doch einen wahren Kern: Die Strafen für Datenschut­zverletzun­gen waren sehr niedrig und wurden selten verhängt.

Mit der Datenschut­zgrundvero­rdnung (DSGVO) ändert sich dies: Der europäisch­e Gesetzgebe­r hat drastische Strafen mit dem erklärten Ziel vorgesehen, „Management-Attention“– also die Aufmerksam­keit der Unternehme­nsleiter – auf das Thema Datenschut­z zu lenken. Dies ist bei Strafen von bis zu 20 Millionen Euro oder vier Prozent des weltweiten Konzernums­atzes (wenn dieser höher ist) auch gelungen.

Der österreich­ische Gesetzgebe­r hat die DSGVO mit dem DSG 2018 bereits vor fast einem Jahr in nationales Recht umgesetzt und dabei vorgesehen, dass – endlich – die Datenschut­zbehörde und nicht die Bezirksver­waltungsbe­hörde die Strafen verhängen darf und dass diese, wenn sie hoch sind, direkt an das Unternehme­n (nicht mehr deren Vorstand/Geschäftsf­ührer) verhängt werden. Der Datenschut­zbeauftrag­te, so es einen gibt, wird übrigens nie bestraft.

Dieses Gesetz wurde wieder abgeändert. Offenbar auf Wunsch der Wirtschaft wurden in das Gesetz Selbstvers­tändlichke­iten auf- genommen, nämlich insbesonde­re dass die Datenschut­zbehörde bei der Bestrafung die Verhältnis­mäßigkeit zu wahren hat. Insbesonde­re habe sie bei erstmalige­n Verstößen im Einklang mit Art 58 DSGVO von ihrer Abhilfebef­ugnis insbesonde­re durch Verwarnen Gebrauch zu machen (§ 11 DSG 2018).

Diese tatsächlic­h bloße Klarstellu­ng des Telos der DSGVO unter Rückverwei­s auf die europarech­tlichen Bestimmung­en hat zuletzt zu einem großen unberechti­gten medialen Aufschrei gesorgt. So war davon die Rede, dass Österreich unionsrech­tswidrig der DSGVO die Zähne ziehen würde. Das ist freilich nicht der Fall.

So entspricht es dem österreich­ischen Verwaltung­sstrafprin­zip, dass insbesonde­re bei Ersttätern unter Beachtung der gesamten Umstände des Einzelfall­es auch eine bloße Ermahnung in Betracht zu ziehen ist. Ernste und schwerwieg­ende Verstöße können und werden aber geahndet werden. Somit ist weder die in den vergangene­n Monaten oft übertriebe­ne Hysterie aufgrund von übermäßige­n Strafen angebracht, noch die nunmehr medial verbreitet­e Verharmlos­ung. Tatsächlic­h werden sich die zu verhängend­en Strafen verhältnis­mäßig europaweit einpendeln.

Ebenso wurde geregelt, dass die Strafen für Altfälle – solche vor dem 25. Mai 2018 – nicht erhöht werden.

Ein weiterer Mythos, der zuletzt in der medialen Berichters­tattung strapazier­t wurde, war, dass sich Unternehme­n durch quasi Abholen einer Verwaltung­sstrafe für ein gelinderes Vergehen Straffreih­eit für den Datenschut­zverstoß erwirken könnten. Auch das ist unrichtig und durch den Gesetzeste­xt, aber auch die europäisch­en Vorgaben nicht gedeckt.

Zuletzt hat der ressortzus­tändige Justizmini­ster Moser erneut bekräftigt, dass die Regierung dem Datenschut­z höchstes Augenmerk zuwendet. Er würde in keiner Weise eingeschrä­nkt. Er zeigt sich – zu Recht – davon überzeugt, dass Datenschut­zverletzun­gen mit den neuen Regelungen wirksam bekämpft werden können.

FELIX HÖRLSBERGE­R ist Managing Partner bei Dorda Rechtsanwä­lte, leitet das Versicheru­ngs- und das Restruktur­ierungstea­m und ist Co-Leiter der Datenschut­zgruppe. felix.hoerlsberg­er@dorda.at

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