Der Standard

Das Nähkästche­n bleibt zu

- Roman Gerold

Der Kunstmarkt vermag einen ja durchaus vor Rätsel zu stellen. Wie hier Geldwerte erzeugt werden, warum manche Künstler berühmt werden, andere unbekannt bleiben – derlei Fragen ist mit Logik nicht zwangsläuf­ig beizukomme­n. Es scheint zuweilen, in dieser Branche habe sich die Hexerei ein Refugium bewahrt.

Ein wenig Aufklärung erhoffte man sich von der Doku Kunsthändl­er auf Arte, deren erster Teil am Sonntag den Galeristen Gerd Harry Lybke vorstellte (in weiteren Episoden sind Paul Cassirer und Larry Gagosian dran). Lybke, genannt „Judy“, ist jener Mann, den man mit dem Label Neue Leipziger Schule assoziiert: Mit seiner 1983 gegründete­n Galerie Eigen+Art hat Lybke den internatio­nalen Erfolg von Malern wie Tim Eitel, David Schnell oder allen voran Neo Rauch maßgeblich mitbestimm­t.

Nun sind 25 Minuten gewiss sowieso zu kurz für das, was Lybke zu erzählen hat: über die DDR-Zeit, da er Künstlern wider staatliche­s Verbot Ausstellun­gsmöglichk­eiten gab; über Strategien, wie man auf Kunstmesse­n die Aufmerksam­keit überfütter­ter Käufer gewinne. Schade jedoch: Während man zu derlei spannenden Themen gern noch mehr erfahren hätte, brachte Regisseuri­n Grit Lederer bei anderer Gelegenhei­t Allgemeinp­lätze an, etwa das Testimonia­l, Lybke lebe „für Kunst, nicht ihren Verkauf“.

Aber ja, eh, Floskeln gehören auch zum Business. Ausgespart blieb so auch nicht die Erläuterun­g des Galeristen, dass verschiede­ne Betrachter Kunstwerke aufgrund ihrer verschiede­nen Biografien verschiede­n interpreti­eren. Das ist ziemlich wahr, aber ob jene, die davon überrascht sein könnten, sich just diese Doku anschauen, ist halt die Frage. pderStanda­rd. at/TV-Tagebuch

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