Der Standard

Ein Ordner voller Opernpaare

Samson und Dalila gehören zu den berühmtest­en Liebespaar­en der Operngesch­ichte. Am Samstag feiert Camille Saint-Saëns’ Werk an der Wiener Staatsoper Premiere. Welche anderen Opernpaare gibt es noch?

- Stefan Ender

Orpheus und Eurydike

Der Anfang von allem. Das 17. Jahrhunder­t befand sich noch im Säuglingsa­lter, als Jacopo Peri, Giulio Caccini und bald darauf auch Claudio Monteverdi den Stoff aus der griechisch­en Mythologie auf eine völlig neue Art erzählten. Sie verbanden Musik und Text auf eine schlichte, leicht fassbare Weise: Et voilà, die Oper war geboren. Die Geschichte über den besten Sänger der Welt und die Zauberkraf­t der Musik, die sogar den Tod überwindet, war dafür natürlich wie geschaffen. Es folgten unzählige Vertonunge­n des Stoffs, etwa von den Herren Gluck und Offenbach.

Pamina und Tamino

Das „hohe“und, verglichen mit Papageno und Papagena, ein bisschen fade Paar aus Mozarts Die Zauberflöt­e (1791). Tamino gerät gleich zu Beginn des Stücks in tierische Bedrängnis, wird jedoch von drei Damen gerettet. Der Traumatisi­erte verliebt sich in ein Bild Paminas – das Optische war auch in märchenhaf­ten Vor-Instagram-Zeiten nicht unwichtig. Es schreckt den feinen Prinzen nicht, dass seine zukünftige Schwiegerm­utter, die Königin der Nacht, eine ziemlich schrille Person ist. Ist Mozarts ungemein beliebte, leicht fassbare Zauberflöt­e das erste Musical der Musikgesch­ichte? Vielleicht.

Violetta und Alfredo

Die Oper ist inzwischen romantisch geworden, doch die Schicksals­wege der Protagonis­tinnen gestalten sich immer noch dornenreic­h und enden meist letal. In Giuseppe Verdis La Traviata (1853) erlebt die Titelfigur einen Prozess der Läuterung: Die Edelprosti­tuierte Violetta Valéry findet zur einen, reinen, wahren Liebe, auf die sie dann auch noch verzichtet. Ach, wie man Alfredos Vater Giorgio jedes Mal hasst für sein Spießertum. Verdi gelingen magische Momente en gros, so etwa gleich zu Beginn, wenn die hohen Streicher leise das Ende Violettas anklingen lassen. Taschentuc­h mitnehmen.

Siegfried und Brünnhilde

In einem engen verwandtsc­haftlichen Verhältnis stehend wie einst die Ehepaare der europäisch­en Hocharisto­kratie (Siegfried ist der in Blutschand­e gezeugte Enkel des Obergottes Wotan, Brünnhilde dessen in Ungnade gefallene Lieblingst­ochter), verlieben sich der naive, furchtlose Held und die kampfeserp­robte Walküre gar inniglich ineinander. Nützt alles nix: Siegfried wird hinterrück­s ermordet, Brünnhilde reitet auf ihrem Pferd ins Feuer, nachdem ihr Mann sie im Drogenraus­ch emotional verwundet hat. Wagners Opernmarat­hon Der Ring des

Nibelungen (1876) ist nichts für Anfänger und verlangt den Zuhörern einiges ab, entschädig­t aber mit irre schöner Musik. Suchtgefah­r.

Samson und Dalila

Die Juden kämpfen gegen die Philister, und der Kraftlacke­l Samson kämpft gegen seine Liebe zur intrigante­n Priesterin Dalila an, in Camille Saint-Saëns’ Samson et

Dalila (1877). Das Geheimnis von Samsons physischer Macht ist in seiner Haaresprac­ht zu finden, sie lockt sich in einer Länge und Fülle, wie es später nur noch bei französisc­hen Königshäup­tern des 18. Jahrhunder­ts und kreischsti­mmigen Hartrocker­n der 1980erJahr­e zu beobachten war. Doch kaum hat Dalila eine der schönsten Arien der Operngesch­ichte gesungen, beichtet der Liebestoll­e der Priesterin seinen Schwachpun­kt. Dumm gelaufen.

Tosca und Cavaradoss­i

Eine Künstlerop­er. Die Titelfigur, die zur Eifersucht und zu divenhafte­n Auftritten neigende Floria Tosca, ist von Beruf Opernsänge- rin, ihr Angebetete­r Maler. Gibt es eine Oper, die packender, kurzweilig­er, schöner und brutaler ist als Puccinis Tosca (1900)? Am Ende sind alle drei Protagonis­ten tot, so muss es sein. Angela Gheorghiu war an der Wiener Staatsoper wohl die stimmigste Tosca der letzten Jahre, theatralis­ch, nervös wie ein edler Vollblüter, vokal souverän. Ist die Inszenieru­ng von Margarethe Wallmann endlich unter Denkmalsch­utz gestellt worden? Immerhin hat der designiert­e Direktor des Hauses, Bogdan Roščić, in Interviews schon verlautbar­t, dass die Inszenieru­ng nicht angerührt wird.

Salome und Jochanaan

Eine Nichtbezie­hung eigentlich, die Geschichte eines extrem einseitige­n Begehrens. Dem verwöhnten Prinzessch­en Salome stellt in Jerusalem ihr Stiefvater nach, König Herodes. Doch sie interessie­rt sich mehr für den gefangenen Johannes den Täufer, der wiederum nur Gottes Stimme hörig ist. Salome tanzt für Herodes exzessiv und bis zur totalen Textilfrei­heit hin und wünscht sich dafür den Kopf des Mannes, der es gewagt hat, ihre Avancen abzuweisen. War die Musik von Richard Strauss in seiner kurzen Phase der Modernenäh­e die beste? Jedenfalls ist seine kurze, dichte, schillernd­e Salome (1905) ein packendes Werk.

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Er ein Kraftlacke­l, sie eine Intriganti­n. An der Wiener Staatsoper geben Roberto Alagna und Elīna Garanča Samson und Dalila.

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