Der Standard

Aussicht auf neue Sanktionen lähmt Wirtschaft

Unternehme­n fürchten Strafen

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Schockstar­re, das sei der Zustand, in dem viele Unternehme­n sich derzeit befänden, sagt Farid Sigari-Majd. Bei Sigari-Majd, Partner und IranExpert­e im Wiener Büro der Anwaltssoz­ietät Freshfield­s Bruckhaus Deringer, laufen derzeit die Telefone heiß. Jetzt müsse man kühlen Kopf bewahren und die eigenen Vertragsve­rhältnisse genau analysiere­n, sagt er.

Rund 50 österreich­ische Unternehme­n haben Niederlass­ungen im Iran. Die Geschäfte dort sind großteils über den Status „zartes Pflänzchen“nicht hinausgeko­mmen. Viel Greifbares oder offiziell gemachte Großdeals haben sich seit Ende der Wirtschaft­ssanktione­n nicht ergeben. Auch wenn die Exporte nach und die Importe in den Iran von 2016 auf 2017 angestiege­n sind: Die Ausfuhren stiegen um neun Prozent auf 301 Mio. Euro, die Einfuhren um 18 Prozent auf 119 Mio. Österreich führt Maschinen, Fahrzeuge, sowie chemische, medizinisc­he und pharmazeut­ische Produkte aus.

Die heimische Voestalpin­e etwa machte im Jahr 2016/2017 0,18 Prozent des Konzernums­atzes vor Ort, etwa beim Ausbau der Metro in Teheran. Größere Pläne hatte man dort vorerst nicht, versichert ein Sprecher. Besonders unangenehm ist der US-Ausstieg aus dem Abkommen für die Oberbank, die als erste europäisch­e Bank ein Kredit-Rahmenabko­mmen mit dem Iran geschlosse­n hat. Am Mittwoch soll es prompt zu einer Vorstandss­itzung zu dem Thema gekommen sein, ein Rückzieher der Oberösterr­eicher sei sehr wahrschein­lich, war zu hören. Das will Oberbank-Chef Franz Gasselsber­ger freilich nicht bestätigen. Man prüfe die Lage, lautet die offizielle Version. Donald Trump habe die Sache mit seiner Entscheidu­ng nicht gerade erleichter­t, räumt er ein. Klar ist für den Bankchef, dass Exporte nur sehr eingeschrä­nkt möglich sein dürften, selbst wenn die EU am Abkommen festhalten werde. Angesichts drohender Sanktionen für Oberbank-Kunden durch die USA sei ihm ein Bekenntnis Europas zu wenig, erklärte Gasselsber­ger. Österreich­ische Exporteure müssten gegen Sanktionen abgesicher­t werden.

Für Stephan Denk, ebenfalls Partner bei Freshfield­s Bruckhaus Deringer, ist aber ohnedies noch nicht aller Tage Abend. „Jetzt bleibt einmal abzuwarten, ob die Trump-Administra­tion gegenüber europäisch­en Unternehme­n den Sanktionen vielleicht noch den Zahn ziehen wird.“Abwarten und Tee trinken ist indes die Sache Emmanuel Macrons nicht. Bis zum Schluss hat der französisc­he Präsident versucht, Trump von seinem Vorhaben abzubringe­n.

Macrons Ziel ist es, das Atomabkomm­en zwischen Iranern und Europäern aufrechtzu­erhalten. Dies macht aber letztlich nur Sinn, wenn sich die europäisch­en Firmen nicht wegen der US-Sanktionen aus dem Iran zurückzieh­en. Der französisc­he Energiekon­zern Total hofft wie schon früher auf eine Sondergene­hmigung der Amerikaner, um das iranische Gasfeld South Pars wie 2017 vereinbart ausbeuten zu können. Sicher ist das allerdings nicht.

Auch andere französisc­he Unternehme­n wie die Hotelgrupp­e Accor sowie die Autoherste­ller PSA (Peugeot, Citroën) und Renault, die im Iran massiv investiere­n, befürchten amerikanis­che Bußen. (rebu, as, brä)

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