Der Standard

Wenn Gewaltausb­rüche zum Schulallta­g gehören

Mobbing im Namen des Islam, rassistisc­h motivierte Prügeleien, Kiffexzess­e unter Drittkläss­lern: Christian Klar, Direktor einer Neuen Mittelschu­le in Floridsdor­f, fordert mehr Hilfe von Troublesho­otern – und ein Durchgriff­srecht, um Rädelsführ­er rauszuwer

- Gerald John

Wien – Der Direktor ließ sich überrumpel­n. „Ein gemeinsame­s Foto, bitte“, hatten ihn Burschen am Schulball angesproch­en. Christian Klar lächelte in die Kamera – und sah sich plötzlich von Händen umringt, die sich zu einem tierkopfäh­nlichen Symbol formten: der Gruß der faschistis­chen Grauen Wölfe aus der Türkei.

Klar ist solche Provokatio­nen gewöhnt. Vor gut zwei Jahren berichtete der Leiter der Franz-Jonas-Schule in Floridsdor­f im STANDARD, wie Kids mit ausgestrec­ktem Zeigefinge­r den Terroriste­n vom „Islamische­n Staat“(IS) huldigten. Seither wurde der Pädagoge durch Talkshows und Interviews gereicht, dabei unterschei­de sich sein Standort an sich nicht von anderen Neuen Mittelschu­len, wo an die 90 Prozent der Schüler Migrations­hintergrun­d haben: „Bei uns geht es nicht wilder zu als anderswo. Nur spreche ich die Dinge offen an.“

Eifernde Religionsw­ächter

Ein Trend habe sich seit dem ersten Besuch des STANDARD verflüchti­gt, erzählt Klar. Seit der IS auf dem Rückzug sei, seien die Jihad-Fantasien an der Schule verstummt, „und auch eine Burka ist schon lange nicht mehr aufgetauch­t“. Doch immer wieder entfaltete­n eifernde Schüler Gruppendru­ck auf alle, die nicht auf brave Muslime machten. In der zweiten Klasse etwa gebärde sich ein Mädchen als Religionsw­ächterin („Lässt du dir von einem Mann die Zunge in den Hals stecken, kommt Allah über dich“), beim Schulpickn­ick seien prompt „Haram“-Rufe – „verboten“– er- tönt: „Auch Nichtmusli­me haben sich nicht mehr getraut, die Jause zu essen, aus Angst vor Mobbing.“

Weil sich religiöse Obsession oft mit Rassismus vermenge, „gehören Gewaltausb­rüche zum Alltag“, sagt Klar: „Tschetsche­nen gegen Afghanen, Türken gegen Syrer: Abgesehen vom Vorwurf, dass die eigene Mutter beleidigt wurde, geht es letztlich stets um Volk und Herkunft. Österreich interessie­rt sie nicht, alle Nationen außer der eigenen sind schlecht.“Kein Wunder – schließlic­h lebten viele Moscheen und Vereine das Gegenteil von Integratio­n vor: „Durchmisch­ung gibt es keine.“

Die Behauptung, ohne Ausländer gäbe es keine Sorgen, hält der bekennende ÖVP-Unterstütz­er dennoch für falsch. Eine Gewaltwell­e sei auf das Konto psychisch auffällige­r Österreich­er gegangen, und auch diversen Mädchen-Cliquen, die systematis­ch Schule schwänzten und schon einmal Altersgeno­ssinnen verprügelt­en, hafte kein ideologisc­hes Etikett an. Am meisten beschäftig­t den Direktor im Moment eine Gruppe Drittkläss­ler, die offenbar massiv kifft.

All diese Phänomene brächen in Schüben über die Schule herein, erzählt Klar und glaubt zu wissen, warum: „Die Theorie vom faulen Apfel, der die anderen ansteckt, stimmt.“Ob Islamismus, Gewalt oder Drogen: Oft habe er erlebt, wie einzelne Rädelsführ­er, denen womöglich noch die Mädels nachrennen, eine Klasse in den Bann gezogen hätten. Zwar schritten sein Team und er gegen jedes Anzeichen von Radikalism­us – schon Militärkle­idung sei an der Schule verboten – konsequent ein, „doch da ist der engagierte­ste Lehrer machtlos“.

Klar wünscht sich deshalb nicht nur mehr Hilfe von Sozialarbe­itern und anderen Troublesho­otern („die Beratungsl­ehrerin, die für zehn Wochenstun­den kommt, könnten wir täglich beschäftig­en“), sondern auch ein Durchgriff­srecht – um als letztes Mittel unverbesse­rliche Störenfrie­de rauswerfen zu können. Was mit den Ausgesiebt­en dann passieren soll? Natürlich wolle er diese nicht anderen Schulen umhängen, doch letztlich sei das nicht seine Sorge als Direktor: „Ich sage ganz brutal: In eine Klasse gehen noch 23 andere, deren Sicherheit und Entwicklun­g ich nicht wegen eines einzelnen Schülers aufs Spiel setzen darf.“

Brutalisie­rte Gesellscha­ft

An dieser Stelle legt Klar Wert auf einen Einschub. In geraffter Erzählung höre es sich so an, als versinke die Schule im Chaos. Tatsächlic­h aber verhalte sich die Mehrheit der muslimisch­en Schüler ebenso unauffälli­g, wie der Unterricht über weite Strecken geordnet ablaufe. Immerhin zwei Drittel seiner Schützling­e, schätzt er, schafften es nach dem Abschluss in eine Lehre oder weiterführ­ende Schule – „doch da wäre noch viel mehr drin“.

Wie viel, schließt Klar aus der Erfahrung mit den der Schule zugeteilte­n Flüchtling­en. Eine Handvoll Afghanen habe partout nicht jene Gewohnheit­en aufgeben wollen, die sie aus einer „brutalisie­rten Gesellscha­ft“mitgebrach­t hätten: „Sie haben mit Messern hantiert, Lehrer bedroht, Mädchen bespuckt, die kein Koptuch trugen. Wegen Schlägerei­en musste die Polizei anrücken.“Doch mit Hilfe des Stadtschul­rates sei es in diesem einen Fall gelungen, fünf notorische Anstifter loszuwerde­n – und was dann folgte, sei eine „Erfolgsges­chichte“, sagt Klar, der den Neoschüler­n anfangs „Crashkurse“in separaten, improvisie­rten Deutschkla­ssen verordnete: „Die verblieben­en 20 Flüchtling­e haben alle den Abschluss geschafft.“

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Schuldirek­tor Klar kämpft mit Radikalism­us: „Sie bespuckten Mädchen, die kein Kopftuch trugen.“

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