Der Standard

Fußballren­aissance mit Sir Karl

Nach vier Jahren Zweitklass­igkeit wird Wacker Innsbruck wieder der Elite des österreich­ischen Fußballs angehören. Manager Alfred Hörtnagl und Trainer Karl Daxbacher sind die Architekte­n.

- Christian Hackl

Es ist eineinhalb Jahre her, da stand Wacker Innsbruck auf der Kippe. Oder vor dem Abgrund. Der Tiroler Fußball zeichnete sich dadurch aus, auf Kontinuitä­t zu verzichten, keine Visionen zu haben. Es war ein Durchwurst­eln, ab und zu wurden mehr oder minder sinnvolle Sonderpake­te geschnürt. „Die Stimmung war extrem negativ,“sagt der 51jährige Alfred Hörtnagl, seit 2015 der General Manager und praktisch von Geburt an ein WackerUrge­stein.

16 Jahre nach dem Konkurs des FC Tirol und diversen Neugründun­gen ist die Stimmung „gut“. Nach vier Jahren Zweitklass­igkeit haben die Schwarz-Grünen den Aufstieg geschafft, der Traditions­verein gehört wieder der Elite des heimischen Fußballs an, ist Teil der neuen Zwölferlig­a. Manda, es isch Zeit. Manda, es war Zeit. „Noch eine Saison in der Zweiten Liga hätten wir nur schwer gestemmt, wir standen mit dem Rücken zur Wand“, sagt Hörtnagl, der nun die Wand vor sich hat. Freudenspr­ünge seien noch nicht angebracht. „Es gibt die Mission 2020, wir müssen uns nun nachhaltig in der Bundesliga positio- nieren. Fakt ist, dass es in Tirol noch immer keine Ausbildung­sstätte gibt. Wir brauchen einen Schultersc­hluss mit der Politik, der Wirtschaft, den Menschen und Fans. Denn Wacker ist ein großer Botschafte­r von Tirol und Österreich.“

Der Goldgriff

Viele Steinchen ergaben nun ein ganzes Mosaik. Im Jänner 2017 wurde Karl Daxbacher als Trainer geholt, Hörtnagl sagt: „Ein Goldgriff. Seine Menschlich­keit, seine Ruhe, seine Erfahrung, seine Souveränit­ät sind außergewöh­nlich.“Der Kader wurde verjüngt, der Altersschn­itt von 26 auf 24 Jahre gesenkt. Spieler wurden verkauft, es gab sogar Transferer­löse. Hörtnagl erstellte einen Wertekatal­og, der hängt in der Kabine, die Kicker haben ihn verinnerli­cht. „Es geht um Wertschätz­ung, Verlässlic­hkeit, Vertrauen, Profession­alität, Respekt. Nur gemeinsam kann man stark sein.“Es wurde verboten, irgendwelc­he Rechenspie­lchen anzustelle­n. „Die Konzentrat­ion kann nur dem nächsten Match gelten. Man muss hungrig sein.“Dass Gerhard Stocker als Präsident zurückkehr­te, war ein weiterer Impuls, er brachte Ruhe in den Verein, Know-how und Akzeptanz kamen retour.

Der 65-jährige Daxbacher holte die Punkte. Okay, der Aufstieg konnte nicht mehr gelingen, zu stark ist der LASK in der Vorsaison gewesen. Daxbacher hat den Beinamen „Sir“, mit diesem Markenzeic­hen kann er gut leben. „Obwohl es ja normal ist, menschlich zu sein. Ich behandle Leute so, wie ich gerne selbst behandelt werden möchte.“

Der Sir ist quasi ein Aufstiegss­pezialist. 2007 hat er es mit dem LASK gepackt („Das war Pflicht“), 2016 mit St. Pölten („Das war eine Sensation“). Und jetzt eben mit Wacker Innsbruck. „Das war eine Mischung daraus.“Die Aufstockun­g auf zwölf Teams sei natürlich behilflich gewesen. „Anderersei­ts hätten wir sie nicht gebraucht. Denn wir haben dominiert.“Daxbacher musste ledig- lich an kleinen Schrauben drehen, es kam alles in Fluss, in Innsbruck ist das der Inn. „Der wahre Charaktert­est blieb uns erspart. Weil wir keine großen Krisen hatten, nie mehrmals hintereina­nder verloren haben.“Der Niederöste­rreicher kennt das Geschäft, kennt die Mechanisme­n. „Du bist der Held und dann gleich wieder der Depp.“Ehrgeiz, sagt er, sei keine Frage des Alters. „Aber man sieht die Dinge gelassener. Ich empfinde keine Euphorie, sondern Freude. Ja, ich bin stolz auf die Burschen.“

Die Lanze

Die Burschen, Christophe­r Knett, Stefan Rakowitz, Zlatko Dedic, Daniele Gabriele und wie sie alle heißen, sollen nun oben bestehen. Ein paar Neuverpfli­chtungen sind nicht auszuschli­eßen. Hörtnagl kann mit rund fünf Millionen Euro budgetiere­n (6,2 Millionen minus 400.000 Euro Verlustvor­trag, minus 800.000 Refundieru­ngen), in der Zweitklass­igkeit waren es 4,8. Wacker liegt quasi am Tabellenen­de, Rapid hat zum Beispiel mehr als den sechsfache­n Betrag zur Verfügung. Die Möglichkei­ten von Red Bull Salz- burg will Hörtnagl gar nicht wissen, er bricht aber eine Lanze für das Entwicklun­gsmodell. „Tradition hin, Tradition her, Salzburg beschreite­t einen der besten Wege in ganz Europa. Als Ausbildung­sverein muss man erst einmal in das Halbfinale der Europa League kommen.“

Hörtnagl akzeptiert mangels Alternativ­en die begrenzten Möglichkei­ten in Innsbruck. Die zweite Mannschaft soll Teil der neuen Zweiten Liga sein (16 Vereine), drei Amateurman­nschaften sind ja erlaubt, die Lizenz wurde jedenfalls erteilt. „Wir wollen oben den Kader eher klein halten, der Nachwuchs soll unten herangefüh­rt werden.“In der Zweiten Liga, zu den 18 Heimspiele­n, kamen rund 60.000 Zuschauer ins Tivoli. Der Schnitt lag bei mehr als 3000. Nun sollen es 5000 oder 6000 werden. Hörtnagl: „In Tirol sollst du vorsichtig sein. Die Leute bekommen jetzt endlich wieder Mannschaft­en wie Rapid, Austria, Salzburg oder Sturm zu sehen. Sie fordern aber auch, dass wir gegen sie bestehen.“

Daxbacher schließt das überhaupt nicht aus. „Denn ich kenne den Fußball schon sehr lange.“

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Trainer „Sir“Karl Daxbacher weiß, wie man aufsteigt – erst der LASK, dann St. Pölten und nun Wacker Innsbruck. Heute soll daheim gegen Ried gefeiert werden.
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Foto: APA/Gindl Manager Alfred Hörtnagl: „Man muss hungrig sein.“

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