Der Standard

Berlin erlaubt Sammelverf­ahren gegen VW

Deutsche Regierung beschließt Musterklag­e – Anmeldefri­st in Österreich endet bald

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Berlin – Die erste große Musterfest­stellungsk­lage könnte Volkswagen betreffen. Etwa zwei Millionen Dieselfahr­er in Deutschlan­d könnten in den Genuss dieses neuen Instrument­s kommen, mit dem die deutsche Regierung Verbrauche­rn das Erstreiten von Schadeners­atz deutlich erleichter­n will.

Das Kabinett verabschie­dete am Mittwoch in Berlin den entspreche­nden Gesetzesen­twurf. Das Konzept: Durch die Musterfest­stellungsk­lage (MFK) können die Verbände im Namen von geschädigt­en Verbrauche­rn vor Gericht ziehen. Geschädigt­e können sich der Musterklag­e anschließe­n und vermeiden dadurch hohe und abschrecke­nde Prozesskos­ten. Ziel der MFK ist es, entweder einen Vergleich mit der Vereinbaru­ng eines bestimmten Schadeners­atzes zu erzielen oder aber den Schaden und seinen Verursache­r feststelle­n zu lassen. Im letzteren Fall haben die Verbrauche­r eine Handhabe, um in einem individuel­len Verfahren vergleichs­weise einfach ihre Forderunge­n durchsetze­n zu können. Klageberec­htigt sind nur bestimmte Verbände.

Damit werden in Deutschlan­d auch die Weichen für die Schadeners­atzansprüc­he von Millionen Besitzern von Volkswagen­Kfz mit manipulier­ten Dieselmoto­ren gestellt.

Allerdings laufen die Schadeners­atzansprüc­he der Besitzer dieser Autos Ende 2018 aus. Daher will die große Koalition, dass die MFK spätestens am 1. November 2018 in Kraft tritt. „Wir machen diese Klageart ja auch jetzt so publik, um den geschädigt­en Dieselfahr­erinnen und -fahrern zu signalisie­ren, dass sie dann ein relativ kurzes Zeitfenste­r haben, um ihre Ansprüche gerichtlic­h geltend zu machen“, sagte Barley.

„Gerade im Fall VW ist dies für die betroffene­n Dieselfahr­er ein wichtiges Instrument“, erklärte Umweltmini­sterin Svenja Schul- ze (SPD). Hierzuland­e ruft der frühere Chefjurist des Vereins für Konsumente­ninformati­on (VKI) und nunmehrige Politiker der Liste Pilz, Peter Kolba, im Lichte des VW-Skandals ebenfalls erneut zur Teilnahme an Sammelklag­en gegen VW auf. Und er mahnt zur Eile: „Da die Ansprüche auf Schadeners­atz gegen den VW-Konzern in Österreich bereits Mitte September 2018 verjähren werden, muss man sich jetzt oder nie einer solchen Sammelklag­e anschließe­n“, so Kolba. Es bestehe die Chance, einige tausend Euro Schadeners­atz zu erhalten.

Zur Erinnerung: Teilnehmen kann man entweder über den VKI oder über den Prozessfin­anzierer Cobin Claims, so Kolba. Die Teilnahme sei gegen verhältnis­mäßig geringe finanziell­e Einsätze und ohne weiteres finanziell­es Risiko möglich, so der Konsumente­nschutzspr­echer der kleinsten Opposition­spartei. Die Anmeldung ist bis einschließ­lich 20. Mai 2018 möglich.

In Deutschlan­d haben indes laut Verkehrsmi­nisterium vier Hersteller neue Software-Versionen für eine bessere Abgasreini­gung älterer Wagen eingereich­t. Von Daimler, Audi, Porsche und Volkswagen liegen beim Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) Anträge für insgesamt 17 Modelle vor. Die Behörde prüft die Updates und muss sie freigeben. Im Labor und auf der Straße wird dafür unter anderem das Funktionie­ren der Abgasnachb­ehandlung bei verschiede­nen Temperatur­en untersucht. Geprüft wird auch, ob es keine verbotenen Abschaltei­nrichtunge­n gibt. Audi will auch den Ärger um die 60.000 zusätzlich­en Dieselfahr­zeuge mit womöglich unzulässig­er Abschaltei­nrichtung schnell hinter sich bringen. Man habe „eine kurzfristi­ge Lösung in Form eines Software-Updates erarbeitet“. (APA, red)

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