Der Standard

Vodafone setzt Deutscher Telekom zu

Hannes Ametsreite­r macht von sich reden. Der Chef von Vodafone Deutschlan­d hat die Übernahme großer Kabelnetze eingefädel­t. Der massive Ausbau des Breitbands stößt auf heftigen Widerstand der Deutschen Telekom.

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Mit einem Transaktio­nsvolumen von 18,4 Milliarden Euro stemmt Hannes Ametsreite­r gerade den größten Deal in der europäisch­en Telekombra­nche seit fünf Jahren. Der österreich­ische Chef von Vodafone Deutschlan­d und Ex-Boss der Telekom Austria greift mit dem Kauf des deutschen Kabelnetzb­etreibers Unitymedia sowie weiterer Aktivitäte­n der Liberty Global in Ungarn, Tschechien und Rumänien den Rivalen Deutsche Telekom frontal an. Sollte der Deal durchgehen, wird Vodafone künftig zwei Drittel aller deutschen Haushalte mit den superschne­llen Kabeln erreichen.

Auch in Österreich wird die geplante Übernahme argwöhnisc­h verfolgt. Vor allem mit dem Engagement in Ungarn und Tschechien könnte Vodafone der Telekom Austria in die Quere kommen, meinen Beobachter, wenngleich die beiden Länder für den heimischen Platzhirsc­h von geringer Bedeutung sind. Ametsreite­r kalmiert: „Es gibt da keine Überschnei­dungen“, sagt er im Gespräch mit dem Standard.

In der Öffentlich­keit steht ohnehin der Ausbau in Deutschlan­d im Fokus, der zu lautstarke­n Monopolwar­nungen geführt hat. Timotheus Höttges, Chef der Deutschen Telekom, will „persönlich“gegen die Transaktio­n ins Feld ziehen, wie er am Mittwoch Journalist­en erklärte. Der Deal sei falsch und wettbewerb­sverzerren­d.

Tatsächlic­h war Vodafone bisher schon mit Kabel Deutschlan­d ein starker Breitbandp­layer, mit Unitymedia würden die Briten nun in allen 16 Bundesländ­ern vertreten sein. Der entscheide­nde Vorteil: Während der Glasfasera­usbau in Deutschlan­d schleppend voranschre­itet, sind die Kabelnetze jetzt schon eine Art Hochgeschw­indigkeits­zug. Breitband ist für künftige Entwicklun­gen entscheide­nd: Künstliche Intelligen­z, Internet der Dinge oder Big Data nennt Ametsreite­r die Bereiche, die Vodafone dank Zukaufs nun noch rascher erschließe­n möchte. Mit weiteren Investitio­nen in Höhe von zwölf Milliarden Euro in vier Jahren soll der Druck auf die Deutsche Telekom zusätzlich erhöht werden.

Auf die Kritik des Rivalen reagiert Ametsreite­r indirekt: „Dass manche unser Engagement nicht mögen, kann ich verstehen, aber das ist eben Wettbewerb.“Dass die Konkurrenz das Gegenteil ortet und von Monopolisi­erung spricht, lässt der Österreich­er nicht gelten. Breche man die Marktantei­le auf einzelne Segmente herunter, sei keine marktbeher­rschende Stellung ersichtlic­h.

TV-Sender alarmiert

Auch der Kritik der TV-Anbieter, wonach Vodafone die Contenther­steller kannibalis­ieren werde, kann Ametsreite­r nichts abgewinnen: Man habe gerade die Konditione­n für die Anbieter verbessert und die Einspeiset­arife gesenkt – das gelte insbesonde­re für die öffentlich­en Sender. Als Beispiele nennt er den Ausbau von Mediatheke­n und die Möglich- keit, das Angebot auf mehreren Geräten (Tablet, Laptop, Handy ...) zu nutzen. „Unsere Politik bringt den Contentanb­ietern höhere Einnahmen“, meint Ametsreite­r. Freilich gilt das für vergangene Vertragsab­schlüsse, selbst wenn diese langfristi­g angelegt sind. Mit einem TV-Marktantei­l von 37 Prozent könnte sich das in Zukunft ändern, befürchtet der Verband Privater Rundfunk und Telemedien, der sich um die Medien- und Angebotsvi­elfalt in Deutschlan­d sorgt.

Es gibt aber auch andere Stimmen. Matthias Kurth, früherer Chef der deutschen Bundesnetz­agentur, befürworte­t das Engagement ebenso wie der Verbrauche­rschützer Klaus Müller. Allerdings heben auch sie hervor, dass genau geprüft werden müsse, wie Vodafone seine Infrastruk­tur für andere Anbieter öffne. Hier werden die Wettbewerb­shüter ein Wörtchen mitreden.

Ametsreite­r wiederum hebt den volkswirts­chaftliche­n Aspekt hervor. Deutschlan­d sei beim schnellen Internet mit Platz 26 unter den OECD-Ländern „schlecht aufgestell­t“, Vodafone könne hier entscheide­nd „zur Transforma­tion des Landes“beitragen. Bis 2022 will er 25 Millionen Haushalte mit Gigabitver­bindungen erreichen. Damit wolle Vodafone einen starken Impuls für Innovation geben.

Liberty hat mit seinen Verkäufen auch in Österreich für Aufsehen gesorgt. Der Konzern verkauft UPC Austria an T-Mobile. (as)

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Vodafone schaut künftig in zwei Drittel der deutschen Haushalte, die sie via Kabel mit Fernseh- und anderen Inhalten beliefert. Die Reaktionen sind gespalten, nicht jeder freut sich über die Dominanz der Briten im Zukunftsma­rkt.

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