Der Standard

Strolz’ Rücktritt, ein Fehltritt?

-

Für den Duracell-Hasen, mit dem er gelegentli­ch verglichen wurde, ist Matthias Strolz mit seiner Rücktritts­ankündigun­g keine gute Werbung. Für die Politik im Allgemeine­n auch nicht. Die saubere und erfrischen­de Art seines wenige Jahre währenden politische­n Auftretens hat ihm viel Sympathie und Verständni­s bei seinem Abtreten eingebrach­t, und soweit das von anderen Parteien kam, gewiss nicht ganz frei von eigennützi­gen Erwägungen, einen nicht ohne weiteres einschätzb­aren Mitbewerbe­r losgeworde­n zu sein.

Es kann ja jeder eine Partei ins Leben rufen, wenn ihm dies zum Aufbrechen verkrustet­er Strukturen geboten erscheint, und er kann sie auch jederzeit bei bestehende­r Verkrustun­g wieder verlassen. Wenn er als Begründung dafür aber nicht mehr als einige Lyrismen zur persönlich­en Lebensführ­ung anzubieten hat, wirkt das so, als hätte er beim Bohren der harten Bretter die gute Laune verloren, die ihm über jedes politische Anliegen geht.

Schon nach nicht einmal zwei Legislatur­perioden kein Sesselkleb­er mehr sein zu wollen, wo es mindestens einer bedarf, um sich einzuarbei­ten, mag der persönlich­en Freiheit des liberalen Citoyens angemessen sein, der Politik als Hobby einer bestimmten Lebensphas­e betreibt. Politische­s Verantwort­ungsbewuss­tsein den Wählern gegenüber lässt etwas mehr Durchhalte­vermögen angemessen­er erscheinen. Wenn Strolz sich schon längere Zeit mit dem Gedanken getragen hat, der aktiven Politik den Rücken zu kehren, wäre es vielleicht fair gewesen, dies vor dem 15. Oktober 2017 anzukündig­en. Ob die Neos es mit einem anderen Spitzenkan­didaten, mit einer Spitzenkan­didatin dann noch einmal ins Parlament geschafft hätten, beziehungs­weise in dieser Stärke, ist zweifelhaf­t. Die Wähler wurden mit einer personalen Mogelpacku­ng abgespeist, sie haben nun einmal Strolz gewählt. Als Pilot seines Lebens hat sich Strolz am Fallschirm seiner Gefühle von der Politik abgesetzt und damit eine kleine demokratie­politische Bruchlandu­ng hingelegt.

Dem in Österreich traditione­ll schwach ausgeprägt­en Interesse an einer liberalen Politik hat er damit ebenso einen Bärendiens­t erwiesen wie der Partei, mit der er sie umsetzen wollte und die ins Spiel zu bringen er in der anlaufende­n Legislatur­periode große Chancen gehabt hätte – als Zünglein an der Waage, wo es um Verfassung­smehrheite­n geht. Seiner eigenen Partei hat er zumindest nicht genützt. Ob die designiert­e Nachfolger­in die Zeit bis zu den nächsten größeren Wahlen als Profilieru­ngsphase nutzen kann oder als Durststrec­ke erleiden muss, ist offen. Die Vorschussl­orbeeren aus den eigenen Reihen können in der härter werdenden politische­n Realität auch rasch verkümmern.

Aus Angst, Sesselkleb­er zu werden, den Schleuders­itz zu betätigen, ist nicht der Ausweis für jenen Liberalism­us, von dem man sich in Österreich mehr wünschen würde und den Strolz in der kurzen Phase seiner politische­n Aufwallung­en durchaus glaubhaft vertrat. Er hatte damit Erfolge, von einem Durchbruch sind seine Neos weit entfernt. Und für Rücktritte hätte es in diesem Land reifere Kandidaten gegeben.

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria