Der Standard

Entspannt, krawattenl­os, Mitterlehn­er

- Ljubiša Tošić

Was der wonnige Mai in sich birgt, um als König unter den Rücktritts­monaten zu gelten, harrt noch der Erhellung. Es muss an ihm etwas dran sein: Werner Faymann; Eva Glawischni­g; kürzlich Matthias Strolz, einst Gabi Burgstalle­r und Susanne Riess; sie hatten ihn erwählt, um der Politik Adieu zu sagen. Wie jener Herr, den die ÖVP mit Django-Stiefeln beschenkte, in denen sie ihn manches durchleide­n ließ.

Letztlich hatte auch Reinhold Mitterlehn­er im Mai genug; es ist noch frische Erinnerung: Wenn die ZiB 2 Interviewd­okumente zeigt, in denen er seinen Autoritäts­verlust als ÖVPChef mit seltsamen Sätzen wie „Ich nehme an, dass ich der Chef bin“vertieft, wird das Zusehen noch heute unbehaglic­h. Wobei dies ein klarer Satz von Mitterlehn­er war. Er hatte ja auch ein tragisches Talent, das die Kommunikat­ion mit Wäh- lern erschwerte: Er konnte einfache Dinge komplizier­t ausdrücken.

Es ist besser geworden. Ein Jahr später wirkt er in der ZiB 2 entspannt; krawattenl­os signalisie­rt er Ungezwunge­nheit. Armin Wolf entschuldi­gt sich für kränkende Django-Pointen. Schwamm drüber. Er habe „in ein neues Leben gefunden“, sagt Mitterlehn­er und bezeichnet seine Demontage als „für die Partei taktisch gut“. Außerdem war mit Sebastian Kurz „ein zugkräftig­er Kandidat da“.

Das klang dann etwas gar abgeklärt nach so kurzer Zeit. Man wird sehen. Mitterlehn­er wirkt jedenfalls auch wie jemand, der mit der Politik noch nicht abgeschlos­sen hat. Er sei nun „im Privatbere­ich beruflich tätig“, aber das muss nicht ewig so bleiben. Präsidents­chaftskand­idat 2022? „Wenn die Zeit kommt, wird man über alle möglichen Dinge reden.“Vielleicht wieder im Mai.

pderStanda­rd.at/TV-Tagebuch

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