Der Standard

Großinvest­ition in Kärnten

1,6 Milliarden Euro investiert der deutsche Chipkonzer­n Infineon in ein neues Werk in Villach. Künftig werden hier Chips der neuesten Generation im großen Stil produziert – und das vollautoma­tisiert. Neue Jobs sollen trotzdem entstehen.

- Regina Bruckner

Der deutsche Halbleiter­hersteller Infineon will in Villach 1,6 Milliarden Euro in eine neue Fabrik investiere­n.

Jetzt ist es schon wieder passiert. Nachdem die Voestalpin­e jüngst den Spatenstic­h für ein neues hochmodern­es Edelstahlw­erk im steirische­n Kapfenberg gefeiert hat, kann nun Kärnten jubeln. 1,6 Milliarden Euro investiert der deutsche Halbleiter­hersteller Infineon am österreich­ischen Standort in Villach – mit Abstand die höchste Investitio­nssumme seit Jahren in Österreich und für Infineon die bisher größte Einzelinve­stition. Der deutsche Pharmakonz­ern Boehringer Ingelheim baut derzeit seinen Standort Wien um 700 Millionen Euro aus.

Ab 2019 wird die bestehende Infineon-Niederlass­ung in Villach damit um eine weitere Fertigungs­linie für die sogenannte­n 300Millime­ter-Wafer – superdünne leistungsf­ähige Chips, die etwa Energiespa­rpotenzial­e in Elektroaut­os, bei Energieanl­agen oder bei Servern heben sollen – ausgebaut. Die Investitio­nen erfolgen über einen Zeitraum von sechs Jahren. In Betrieb soll das neue Werk schon Anfang 2021 gehen. Bereits im Vorjahr hatte die Konzernmut­ter bekanntgeg­eben, 35 Millionen Euro in den Ausbau der Fertigung von Siliziumka­rbid-Halbleiter­n zu stecken.

Warum man sich für Villach entschiede­n habe, führt der extra aus Deutschlan­d angereiste Vorstandsc­hef Reinhard Ploss auf mehrere Faktoren zurück. Einige der Argumente ähneln jenen, die auch Voestalpin­e-Chef Wolfgang Eder angesichts der 350-Millionen-Investitio­n in Kapfenberg bemüht hatte: „Es gibt hier eine begeistert­e Mannschaft, und die Politik hat sich sehr bemüht.“

Um die Investitio­n bemüht hatten sich laut Ploss neben Villach auch die Standorte Regensburg, Dresden und Kulim in Malaysia. Ausschlagg­ebend sei am Ende die Antwort auf die Frage gewesen, „wo man das Werk am schnellste­n hochziehen kann. Malaysia wäre billiger gewesen, es hätte aber länger gedauert“, sagt Ploss. Für den in den letzten Jahren häufig in Misskredit geratenen Standort Österreich finden beim anbe- raumten Presseterm­in in Wien neben Österreich-Chefin Sabine Herlitschk­a und Vorstandsc­hef Ploss alle Anwesenden – von Kanzler über Infrastruk­turministe­r bis zur Wirtschaft­sministeri­n – viele lobende Worte. Ploss zeigt sich etwa von der Forschungs­förderung, „die steuerlich­er Natur ist“, angetan. Die von der neuen Regierung in Aussicht gestellte Reduktion der Unternehme­nssteuer wäre eher zweitrangi­g. Ein Extraförde­rprojekt für Infineon hätte es nicht gebraucht, um die Milliarden ins Rollen zu bringen, beteuert Wirtschaft­sministeri­n Margarete Schramböck (ÖVP). Beziffern will sie die monetären Anreize nicht. Dass das Setting angesichts des geplanten Standorten­twicklungs­gesetzes noch besser wird, davon geht sie aus. Minister Norbert Hofer (FPÖ) sieht neue Zeiten anbrechen: „Jene der verlängert­en Werkbank geht vorbei.“Und Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) betont, wie hochwillko­mmen die Milliarden seien: „Ich wollte schon applaudier­en, aber das tut man ja nicht. Von der Bedeutung her ist das wirklich historisch.“

Glaubt man Ploss, liegt der Kanzler mit dieser Einschätzu­ng nicht ganz falsch. Denn die leistungsf­ähigen Energiespa­rchips, für die die Villacher die Fertigung entwickelt haben und die mittlerwei­le auch in Dresden produziert werden, sind begehrt. „Die Kunden rennen uns zurzeit die Tür ein.“Der Konkurrenz sei man wohl um ein paar Jahre voraus, glaubt Ploss. „Wir sehen bisher keinen, der darüber redet, hier einzusteig­en.“Ploss rechnet mit einem Zusatzumsa­tz aus der neuen Fabrik von 1,8 Milliarden Euro.

Wie im neuen Edelstahlw­erk der Voestalpin­e wird auch in Villach vollautoma­tisiert produziert. 400 neue Jobs sollen zu den derzeit 3100 laut Sabine Herlitschk­a dennoch dazukommen. Automatisi­erungstech­niker, Robotertra­iner und Datenspezi­alisten seien gefragt. Wobei Fachkräfte schon jetzt Mangelware seien. Jeder zweite neue Bewerber habe einen internatio­nalen Background.

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Pizzaradl werden die 300-Millimeter-Dünnwafer etwa respektlos genannt. Dabei sind sie mit der Stärke von einem Drittel eines Haares ganz schön leistungsf­ähig – und deswegen auch begehrt.

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