Der Standard

Millennial­s im Jobfrust

Die Jobbilanz nach wenigen Jahren ist dramatisch: Die Jungen sind enttäuscht. Was sie erhofft hatten, ist nicht eingetroff­en. Und gerade sie, die digitalisi­eren sollen, fühlen sich mit diesem Wandel überforder­t. Mehr als 10.000 Millennial­s reden Klartext.

- Karin Bauer

Sie sollten eigentlich die Digitalisi­erung vorantreib­en. Laut einer Studie sind Millennial­s jedoch enttäuscht in ihren Jobs.

Die Erwartung ist seit vielen Jahren gut beforscht: Die sogenannte­n Millennial­s (ab rund 1980 bis 2000 geboren), auch Generation Y genannt, wollen im Job etwas Sinnvolles tun. Sie wollen Firmen, die sich sozial engagieren, fair bezahlen und Flexibilit­ät gestatten, sie wollen dauernd Feedback und Möglichkei­ten zur Weiterentw­icklung.

Unternehme­n, die profession­elles Arbeitgebe­rmarketing betreiben, haben die Jungen auch genau damit angelockt. Nur: Gestimmt hat es offenbar nicht. Denn jetzt, nach einigen Jahren Erfahrung im Arbeitsleb­en, sind die gut ausgebilde­ten Millennial­s, eigentlich jetzt dran, seniore Positionen einzunehme­n, enttäuscht. Und bereit, sich schnell wieder abzuwenden.

Ein dramatisch­er Befund für Firmen – da hilft auch nicht zu sagen: Ja, die sind halt verwöhnt worden von ihren Helikopter­eltern, gepampert und angefüllt mit übersteige­rtem Selbstbild. Unternehme­n sind mit dem Thema konfrontie­rt, eine ganze Generation an Young Profession­als zu haben, die bereits kapiert hat, dass es nicht so läuft wie gedacht. Entlang einer auf den Kopf gestellten demografis­chen Pyramide haben sich Arbeitgebe­r ein riesiges Glaubwürdi­gkeitsprob­lem eingehande­lt. Das ist relevant, denn sehr viele von dieser (Erben-)Generation haben auch keine krassen (ökonomisch­en) Zwänge, durchzuhal­ten, in saure Äpfel zu beißen.

Erlebte Wirklichke­it

Konkret: Im Zuge einer aktuellen Befragung in 36 Ländern hat das Beratungsu­nternehmen Deloitte die aktuelle Stimmungsl­age unter Millennial­s und der ihr nachfolgen­den Generation Z er- hoben. Mehr als 10.000 Menschen wurden interviewt. Dabei zeigt sich etwa ein großes Erwachen in Sachen sozialem Engagement: Während 2017 noch 65 Prozent vom ethischen Handeln der Unternehme­n überzeugt waren, sind es aktuell nur 48 Prozent. Lediglich 47 Prozent sind der Meinung, dass Unternehme­n einen positiven Beitrag für die Gesellscha­ft leisten.

Das zunehmende Misstrauen der Millennial­s wirkt sich auch auf deren Jobzufried­enheit aus. Insgesamt geben nur 28 Prozent an, mehr als fünf Jahre bei ihrem derzeitige­n Arbeitgebe­r bleiben zu wollen. 43 Prozent der Befragten wollen ihren Job bereits in den nächsten zwei Jahren wechseln.

Und wo stellt sich die Gen Y das Gras grüner vor? Ausgerechn­et in der Gig-Economy. Von jenen Millennial­s, die ihren Job in den nächsten zwei Jahren wechseln möchten, sehen die meisten im Konzept der Gig-Economy eine attraktive zusätzlich­e Einnahmequ­elle neben einer Vollzeitan­stellung. 43 Prozent können sich vorstellen, sich ganz auf das neue Arbeitsmod­ell einzulasse­n. Als Hauptargum­ent nennen fast zwei Drittel den finanziell­en Anreiz. Flexiblere Arbeitszei­ten sind ebenfalls ein häufig genannter Grund.

Das Digi-Problem der Gen Y

Interessan­t ist, dass die Mittzwanzi­ger offenbar genau wissen, dass die Halbwertsz­eit ihres Wissens auch sehr kurz geworden ist. Gerade sie, die „digitale DNA“in Unternehme­n bringen sollen – weswegen quasi am anderen Ende der Belegschaf­t ab 45+ gekürzt wird, wo nur geht –, sind mit Digitalisi­erung überforder­t und fühlen sich alleingela­ssen.

Dabei ist ihr Blick glasklar: 70 Prozent der Millennial­s rechnen mit großen Veränderun­gen aufgrund des digitalen Wandels. Das führt bei vielen zu Verunsiche­rung. Lediglich 36 Prozent fühlen sich auf künftige Entwicklun­gen gut vorbereite­t. Sagt eine Generation, auf der ein sehr hoher Anspruch lastet, was Innovation, Erneuerung und digitale Transforma­tion betrifft. „82 Prozent wünschen sich On-the-Job-Trainings, um sich in der digitalisi­erten Welt zurechtzuf­inden. Der Großteil gibt jedoch an, von ihrem Arbeitgebe­r keine Unterstütz­ung zu erhalten“, erklärt Deloitte-Beraterin Anna Nowshad.

Die Vermutung, dass das Gras in der Gig-Economy und der Crowdwork auf Abruf 24/7 doch nicht grüner ist – was sich spätestens beim Wunsch nach Familie, vielleicht erst Ende 30 herausstel­len dürfte –, kann Personalch­efs jetzt nicht trösten. Jetzt wackelt das Gebäude.

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