Martin Schlaff als Neuzugang in der Causa Verfassungsschutz
Hat Milliardär Schlaff einen Topbeamten im Innenressort bestochen? Das behauptet ein Informant, die Justiz prüft, ob ein Anfangsverdacht vorliegt.
Wien – Einen prominenten Neuzugang gibt es in der Affäre Verfassungsschutz (BVT). Die Korruptionsstaatsanwaltschaft prüft, ob es einen Anfangsverdacht gegen Unternehmer und Milliardär Martin Schlaff in Richtung Bestechung gibt. Schlaff kommt über den früheren Kabinettschef im Innenministerium, Peter Kloibmüller, ins Spiel, der als Verdächtiger geführt wird. Bestechlichkeit steht im Raum. Er bestreitet das. Laut anonymen Vorwürfen soll Schlaff Kloibmüller mehr als 500.000 Euro gezahlt haben, damit der Beamte die Ermittlungen gegen ihn im Zusammenhang mit dem Verkauf der bulgarischen Mobiltel behindere. Für beide genannten Personen gilt die Unschuldsvermutung. (red)
Die Ermittlungen in der Causa Verfassungsschutz spülen auch bunte Geschäftsfälle an die Oberfläche, die – aus strafrechtlicher Sicht – längst begraben schienen. Das trifft auch den österreichischen Unternehmer Martin Schlaff. Der geheimnisumwitterte Milliardär und Strippenzieher mit besten Kontakten in die Spitzen von Rot wie Schwarz (Türkis) kommt bei den Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) durch den Strang Michael Kloibmüller ins Spiel.
Der war bis März Kabinettschef im Innenministerium (zu dem das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, BVT, ressortiert) und ist nun einer der Verdächtigen. Gegen ihn ermittelt die WKStA wegen Verdachts auf Amtsmissbrauch und Bestechlichkeit. Laut Ermittlungsakt soll er in seiner Zeit als Kabinettschef unter anderem „insgesamt 500.000 Euro von Martin Schlaff für die bewusste unsachliche Beeinflussung der Ermittlungstätigkeit des Bundesamts zur Korruptionsbekämpfung (BAK) in einem von der Staatsanwaltschaft Wien geführten Ermittlungsverfahren“genommen haben.
Kloibmüllers Anwalt, Richard Soyer, gibt zu dem Verfahren keinen Kommentar ab. Sein Mandant soll die Vorwürfe aber zurückweisen. Auch bei Schlaff wird nun geprüft, ob ein Anfangsverdacht wegen Bestechung vorliegt, er wird als Angezeigter geführt. Schlaffs Sprecher Michael Fink will keine Stellungnahme zu einem Verfahren, von dem er auch gar keine Kenntnis habe, abgeben. Für Schlaff und Kloibmüller gilt die Unschuldsvermutung.
So vage der Ermittlungsstand ist, so sicher ist, dass Schlaff im Zusammenspiel mit der Telekom Austria im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts dicke Geschäfte machte. Das System war relativ einfach gestrickt: Schlaff kaufte mit Partnern Mobilfunker in Osteuropa, um sie relativ kurze Zeit später mit hohen Profiten wieder zu veräußern. In zwei Fällen, in Bulgarien und Weißrussland, war die teilstaatliche Telekom Austria die Käuferin.
Allein bei der bulgarischen Mobiltel verdoppelte Schlaff den Einsatz von 800 Millionen Euro binnen zwei Jahren auf 1,6 Milliarden Euro. In allen Fällen erstand der frühere Osthändler die Beteiligungen von Geschäftsleu- ten mit – gelinde gesagt – zweifelhaftem Ruf. Auch Walter Meischberger und Peter Hochegger naschten an den Engagements mit.
Was die Geschäfte noch geheimnisvoller erscheinen lässt: Immer wieder spielen österreichische Politiker eine Rolle. Ex-Verkehrsminister Hubert Gorbach (FPÖ/BZÖ) intervenierte mehrfach – in Schlaffs Privatjet eingeflogen – bei osteuropäischen Regierungen. Nach seinem Ausstieg aus der Politik wurde der Vorarlberger prompt Aufsichtsrat in dem von Schlaff kontrollierten Feuerfestkonzern RHI. Auch Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) spielt eine Rolle: Er reiste anlässlich der Eröffnung der MobiltelZentrale in der Oper Sofia zur Soiree an. Auch Sicherheitsbehörden spielten eine sonderbare Rolle. Ein früherer Wiener Polizeichef beispielsweise stellte einem dubiosen Oligarchen einen Persilschein aus, was für die Kreditgewährung der Bawag für den Mobitel-Kauf unabdingbar war.
Weder in zwei Untersuchungsausschüssen, in denen Schlaffs Deals Thema waren, noch bei frü- heren Ermittlungen kam etwas Stichhaltiges heraus. Die Justizbehörden stellten sämtliche Ermittlungen ein. Schlaff entschlug sich im Korruptionsausschuss 2012 genau 72 Mal der Aussage.
Nun kommt die Affäre erneut ans Licht – zumindest eine Transaktion mit Schlaff-Beteiligung. Der Ursprung liegt in jenem „Konvolut“, das die BVT-Causa im Vorjahr ins Rollen gebracht hatte und in dem auch herzlich fantasiereiche Vorwürfe enthalten sind. Auf Seite 23 wird auf das Telekom-Verfahren Bezug genommen und die angebliche Rolle Schlaffs und Kloibmüller beschrieben. Der Geschäftsmann habe dem Beamten mehr als 500.000 Euro überreicht, und zwar „immer in bar in 500er-Noten“, wie der anonyme Verfasser des Dossiers wissen will. „Seither nimmt Kloibmüller starken Einfluss auf die Ermittlungstätigkeit des BAK, um zu verhindern, dass Ermittlungserfolge gegen Schlaff in der Causa erzielt werden“, heißt es weiter.
Wie weit die Justiz die Vorwürfe bereits geprüft hat, lässt sich nicht genau sagen. Jedenfalls hat die WKStA am 27. April intern verfügt, dass sie Martin Schlaff wegen der genannten Vorwürfe „als Angezeigten“in den BVT-Akt aufnimmt. Dem STANDARD liegt das entsprechende Dokument vor.