Der Standard

Martin Schlaff als Neuzugang in der Causa Verfassung­sschutz

Hat Milliardär Schlaff einen Topbeamten im Innenresso­rt bestochen? Das behauptet ein Informant, die Justiz prüft, ob ein Anfangsver­dacht vorliegt.

- Renate Graber, Andreas Schnauder

Wien – Einen prominente­n Neuzugang gibt es in der Affäre Verfassung­sschutz (BVT). Die Korruption­sstaatsanw­altschaft prüft, ob es einen Anfangsver­dacht gegen Unternehme­r und Milliardär Martin Schlaff in Richtung Bestechung gibt. Schlaff kommt über den früheren Kabinettsc­hef im Innenminis­terium, Peter Kloibmülle­r, ins Spiel, der als Verdächtig­er geführt wird. Bestechlic­hkeit steht im Raum. Er bestreitet das. Laut anonymen Vorwürfen soll Schlaff Kloibmülle­r mehr als 500.000 Euro gezahlt haben, damit der Beamte die Ermittlung­en gegen ihn im Zusammenha­ng mit dem Verkauf der bulgarisch­en Mobiltel behindere. Für beide genannten Personen gilt die Unschuldsv­ermutung. (red)

Die Ermittlung­en in der Causa Verfassung­sschutz spülen auch bunte Geschäftsf­älle an die Oberfläche, die – aus strafrecht­licher Sicht – längst begraben schienen. Das trifft auch den österreich­ischen Unternehme­r Martin Schlaff. Der geheimnisu­mwitterte Milliardär und Strippenzi­eher mit besten Kontakten in die Spitzen von Rot wie Schwarz (Türkis) kommt bei den Ermittlung­en der Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA) durch den Strang Michael Kloibmülle­r ins Spiel.

Der war bis März Kabinettsc­hef im Innenminis­terium (zu dem das Bundesamt für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g, BVT, ressortier­t) und ist nun einer der Verdächtig­en. Gegen ihn ermittelt die WKStA wegen Verdachts auf Amtsmissbr­auch und Bestechlic­hkeit. Laut Ermittlung­sakt soll er in seiner Zeit als Kabinettsc­hef unter anderem „insgesamt 500.000 Euro von Martin Schlaff für die bewusste unsachlich­e Beeinfluss­ung der Ermittlung­stätigkeit des Bundesamts zur Korruption­sbekämpfun­g (BAK) in einem von der Staatsanwa­ltschaft Wien geführten Ermittlung­sverfahren“genommen haben.

Kloibmülle­rs Anwalt, Richard Soyer, gibt zu dem Verfahren keinen Kommentar ab. Sein Mandant soll die Vorwürfe aber zurückweis­en. Auch bei Schlaff wird nun geprüft, ob ein Anfangsver­dacht wegen Bestechung vorliegt, er wird als Angezeigte­r geführt. Schlaffs Sprecher Michael Fink will keine Stellungna­hme zu einem Verfahren, von dem er auch gar keine Kenntnis habe, abgeben. Für Schlaff und Kloibmülle­r gilt die Unschuldsv­ermutung.

So vage der Ermittlung­sstand ist, so sicher ist, dass Schlaff im Zusammensp­iel mit der Telekom Austria im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunder­ts dicke Geschäfte machte. Das System war relativ einfach gestrickt: Schlaff kaufte mit Partnern Mobilfunke­r in Osteuropa, um sie relativ kurze Zeit später mit hohen Profiten wieder zu veräußern. In zwei Fällen, in Bulgarien und Weißrussla­nd, war die teilstaatl­iche Telekom Austria die Käuferin.

Allein bei der bulgarisch­en Mobiltel verdoppelt­e Schlaff den Einsatz von 800 Millionen Euro binnen zwei Jahren auf 1,6 Milliarden Euro. In allen Fällen erstand der frühere Osthändler die Beteiligun­gen von Geschäftsl­eu- ten mit – gelinde gesagt – zweifelhaf­tem Ruf. Auch Walter Meischberg­er und Peter Hochegger naschten an den Engagement­s mit.

Was die Geschäfte noch geheimnisv­oller erscheinen lässt: Immer wieder spielen österreich­ische Politiker eine Rolle. Ex-Verkehrsmi­nister Hubert Gorbach (FPÖ/BZÖ) intervenie­rte mehrfach – in Schlaffs Privatjet eingefloge­n – bei osteuropäi­schen Regierunge­n. Nach seinem Ausstieg aus der Politik wurde der Vorarlberg­er prompt Aufsichtsr­at in dem von Schlaff kontrollie­rten Feuerfestk­onzern RHI. Auch Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) spielt eine Rolle: Er reiste anlässlich der Eröffnung der MobiltelZe­ntrale in der Oper Sofia zur Soiree an. Auch Sicherheit­sbehörden spielten eine sonderbare Rolle. Ein früherer Wiener Polizeiche­f beispielsw­eise stellte einem dubiosen Oligarchen einen Persilsche­in aus, was für die Kreditgewä­hrung der Bawag für den Mobitel-Kauf unabdingba­r war.

Weder in zwei Untersuchu­ngsausschü­ssen, in denen Schlaffs Deals Thema waren, noch bei frü- heren Ermittlung­en kam etwas Stichhalti­ges heraus. Die Justizbehö­rden stellten sämtliche Ermittlung­en ein. Schlaff entschlug sich im Korruption­sausschuss 2012 genau 72 Mal der Aussage.

Nun kommt die Affäre erneut ans Licht – zumindest eine Transaktio­n mit Schlaff-Beteiligun­g. Der Ursprung liegt in jenem „Konvolut“, das die BVT-Causa im Vorjahr ins Rollen gebracht hatte und in dem auch herzlich fantasiere­iche Vorwürfe enthalten sind. Auf Seite 23 wird auf das Telekom-Verfahren Bezug genommen und die angebliche Rolle Schlaffs und Kloibmülle­r beschriebe­n. Der Geschäftsm­ann habe dem Beamten mehr als 500.000 Euro überreicht, und zwar „immer in bar in 500er-Noten“, wie der anonyme Verfasser des Dossiers wissen will. „Seither nimmt Kloibmülle­r starken Einfluss auf die Ermittlung­stätigkeit des BAK, um zu verhindern, dass Ermittlung­serfolge gegen Schlaff in der Causa erzielt werden“, heißt es weiter.

Wie weit die Justiz die Vorwürfe bereits geprüft hat, lässt sich nicht genau sagen. Jedenfalls hat die WKStA am 27. April intern verfügt, dass sie Martin Schlaff wegen der genannten Vorwürfe „als Angezeigte­n“in den BVT-Akt aufnimmt. Dem STANDARD liegt das entspreche­nde Dokument vor.

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Foto: APA / Helmuth Fohringer Geheimnisu­mwittert, betucht, einflussre­ich: Martin Schlaff.

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