Baba, Bürgermeister
Michael Häupl übergibt am kommenden Donnerstag, dem 24. Mai, sein Amt als Bürgermeister an Nachfolger Michael Ludwig. Der 68-Jährige ist nicht nur einer der längstdienenden Stadtchefs Wiens. Er war auch einer der wortgewaltigsten.
„Wien darf nicht verwechselbar mit dem Zentralfriedhof werden.“21. August 1996
Michael Häupl, der im November 1994 Nachfolger von Helmut Zilk wurde, hatte knapp zwei Jahre später seine ersten Wahlen als Bürgermeister zu schlagen. Im Wahlkampf kritisierte er auch das eigene Parteiprogramm in puncto Jugendkultur. Beim Amtsantritt Häupls war Wien übrigens noch das älteste Bundesland Österreichs. Seit 2016 hat Wien den jüngsten Altersdurchschnitt aller Länder – was an nationalem und internationalem Zuzug sowie dem starken Geburtenplus liegt. Wien ist mit knapp 200.000 Studierenden zudem die größte Hochschulstadt im deutschen Sprachraum. In der Häupl-Ära stieg die Einwohnerzahl von 1,64 Millionen auf 1,89 Millionen. Die Liste der größten Städte der EU führt Wien aktuell auf Platz sechs.
„Die SPÖ ist die lustigere Partei, wenn ich mir all die anderen mieselsüchtigen Koffer anschaue, die so herumrennen.“27. August 1999
Häupl kann bei Interviews oder in Gesprächen aus dem Stand Kant-, Luther- oder Adorno-Zitate zur Untermauerung von Argumenten einstreuen. Ebenso parliert er in der Rolle des Volkstribunen, aber auch in der Volkssprache. Sein Sager von den „mieselsüchtigen Koffern“im Nationalratswahlkampf 1999 empörte vor allem die ÖVP – auch wenn Häupl nie offenlegte, wen genau er gemeint hatte. Nachdem Häupl 1996 bei seiner ersten Wahl als Chef die Absolute verloren und mit 39,15 Prozent das schlechteste Ergebnis seiner Amtszeit eingefahren hatte, ging er eine Koalition mit der ÖVP ein. Von 2001 bis 2010 regierten Wiens Rote wieder absolut.
„Wenn ich 22 Stunden in der Woche arbeite, bin ich Dienstagmittag fertig.“14. April 2015
Die Lehrer fanden Häupls Anmerkung gar nicht lustig. Sie wird auch heute noch hervorgekramt, wenn wieder eine Diskussion über die Erhöhung der Lehrverpflichtung ansteht. Dabei ist alles höchst kompliziert: Es gibt Bundes- und Landeslehrer – und altes und neues Dienstrecht existieren auch für Neueinsteiger bis 2019 parallel. Sehr grob vereinfacht stehen Lehrer derzeit zwischen 17 und 24 Stunden in der Klasse. Im OECD-Vergleich haben Volksschullehrer eine überdurchschnittliche Lehrverpflichtung, andere Lehrergruppen (Hauptschule, AHS-Unterstufe, NMS) nicht. Der rote Lehrervertreter Heinrich Himmer kritisierte Häupls Kalauer als „medialen Rülpser“. 2017 wurde Himmer dennoch Präsident des Stadtschulrats.
„Die 50 nehme ich sofort in Ottakring.“28. März 2017
Selbst der damalige Kanzler Christian Kern (SPÖ) wollte sich 2017 vom Relocation-Programm der EU verabschieden. Entzündet hat sich die Debatte zunächst an 50 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, die Österreich von Italien übernehmen sollte. Häupl hielt wenig von Kerns Vorschlag.
Im Rückblick bezeichnet Häupl die Flüchtlingskrise als die größte Herausforderung seiner fast 24-jährigen Amtszeit. 2015 und 2016 wurden fast eine Million Migranten durch Wien geschleust, zehntausende blieben. Zwar setzte Wien auf „Integration ab dem ersten Tag“, die Zuwanderung hatte jedoch Auswirkungen: 2017 bezogen erstmals mehr Ausländer Mindestsicherung als österreichische Staatsbürger.
„Ich habe die Iden des Märzes gut überstanden, und es gibt Parteifreunde, die sagen, Brutus hat sich bereits selbst erledigt.“2. Juni 2017
Häupl war schon Anfang 2017 mit Rücktrittsaufforderungen aus den eigenen Reihen konfrontiert. Offen ausgesprochen haben das der Simmeringer SPÖ-Chef Harald Troch oder der Ex-Landesparteisekretär Christian Deutsch. Favorit der Häupl-Kritiker für die Nachfolge war schon damals Michael Ludwig. Dieser habe sich nicht von Häupls Zitat angesprochen gefühlt. „Wenn es römische Geschichte sein muss, würde ich mich politisch als Octavian sehen. Denn er hat für eine lange Friedensperiode gesorgt“, sagte Ludwig.