Der Standard

Bund und Länder einigen sich bei Pflegeregr­ess

Bis zu 340 Millionen Euro Entschädig­ung – im Detail abgerechne­t wird am Jahresende

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Wien – Eine der letzten Maßnahmen der inzwischen längst geschieden­en rot-schwarzen Bundesregi­erung ist nun auch mit den Ländern ausverhand­elt: der Pflegeregr­ess – also die Praxis, dass der Staat zur Finanzieru­ng der Versorgung von Menschen in Altenheime­n auf deren Vermögen zugreifen darf.

Im Sommer 2017 wurde der Pflegeregr­ess abgeschaff­t, seit Freitag ist die Finanzieru­ng geklärt: Bis zu 340 Millionen Euro sollen die Länder im Jahr 2018 dafür vom Bund erhalten. Danach werde man schauen, wie viel tatsächlic­h gebraucht werde, erklärte der scheidende Wiener Bürgermeis­ter Michael Häupl (SPÖ) bei einem Presseterm­in nach der Landeshaup­tleutekonf­erenz. Die Vereinbaru­ng wurde mit Finanzmini­ster Hartwig Löger (ÖVP) getroffen.

Verhandelt wurde seit längerem darüber, wie der höhere Aufwand infolge der Abschaffun­g des Pflegeregr­esses für die Länder ausgeglich­en werden kann. Die Sozialdemo­kraten wollten die Maßnahme mit einer Erbschafts­steuer gegenfinan­zieren – die wurde aber bekanntlic­h nie eingeführt. Die ÖVP hatte sich überlegt, durch Bekämpfung von Missbrauch der ECard einen Teil des Geldes wieder hereinzuho­len – was allerdings bei weitem nicht reicht.

Agentur kontrollie­rt Länder

Ursprüngli­ch verlangten die Länder bis zu 650 Millionen, zuletzt dann rund 470 Millionen Euro. Der Bund wollte eigentlich nur 100 Millionen zahlen. Der nunmehr erzielte Kompromiss: 116 Millionen Euro bekommen die Länder unter dem Titel „Einnah- menentfall“, für Menschen mit Behinderun­gen gibt es 15 Millionen Euro. Dazu kommen bis zu 209

Millionen Euro für die Selbstzahl­er. Hier müssen die Länder aber eine Einzelabre­chnung vornehmen, die von der österreich­ischen Buchhaltun­gsagentur kontrollie­rt wird. In Summe können sie sich also maximal 340 Millionen Euro holen.

Grundsätzl­ich habe man vereinbart, dass es sich bei den 340 Millionen um einen Maximalbet­rag handle. Löger erklärte: „Bund und Länder sind weder Gewinner oder Verlierer.“In seinem Budget tut sich nun dennoch eine kleine Lücke auf. Für das Jahr 2018 wurden nämlich nur 100 Millionen budgetiert. Er geht aber davon aus, die Budgetziel­e dennoch halten zu können. Zum einen seien weitere Einsparung­en möglich, zum ande- ren hofft er, dass der Maximalbet­rag gar nicht ausgeschöp­ft wird.

Teil der Vereinbaru­ng ist auch, dass die Länder nun auf eine Klage gegen den Bund, die eine Zeitlang im Raum stand, verzichten. „Klar ist aber auch, dass wir mit dieser Einigung nur ein Symptom behandeln und die Wurzelbeha­ndlung vertagt wurde“, erklärte Löger. Die Pflege daheim werde mit der Abschaffun­g des Pflegeregr­esses aktuell benachteil­igt. Man wolle daher Anreize schaffen, zu Hause zu pflegen.

Auch der Landeshaup­tmann des Burgenland­s, Hans Niessl (SPÖ), sprach am Freitag davon, dass es nun ebenfalls Maßnahmen brauche, die Betreuung zu Hause möglich und attraktiv zu machen. Man müsse dem „Trend entgegenwi­rken“, nicht im eigenen Haus zu bleiben. (go, mika)

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Foto: Fischer Finanzmini­ster Hartwig Löger muss beim Budget nachbesser­n.

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