Der Standard

Hitlers „Tagebuch“wird versteiger­t

Legendäre Fälschung unter dem Hammer

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Berlin – Es ist angeblich der letzte Band einer Tagebuchse­rie, die 63 Hefte umfassen soll, der auf 57 beschriebe­nen Seiten vermeintli­ch Adolf Hitlers letzte Tage dokumentie­rt. „Unser Führer hat sich um 3.31 Uhr nachmittag­s erschossen! Heil Hitler!“, habe Martin Bormann am 30. April notiert.

Ein Fake, denn tatsächlic­h war Konrad Kujau der Autor, jener Meisterfäl­scher, dem die Medienbran­che den größten journalist­ischen Flop der Nachkriegs­geschichte verdankt. Am 31. Mai gelangt dieses Dokument beim Auktionsha­us Grisebach in Berlin zur Versteiger­ung (Schätzwert: 5000 bis 7000 Euro).

Umgerechne­t 4,75 Millionen Euro (9,34 Mio. DM) hatte der Stern 1983 für die sogenannte­n Hitler-Tagebücher bezahlt, denen man eine Serie zu widmen gedachte. Nur wenige Stunden nach der zweiten Veröffentl­ichung entlarvten das Bundesarch­iv und das Bundeskrim­inalamt die Tagebücher als Fälschung.

1992 verfilmte Helmut Dietl das Schelmenst­ück in der Satire Schtonk!. Da war Kujau, der 2000 verstarb, längst wieder rehabiliti­ert. Im Juli 1985 war er wegen Betruges in Tateinheit mit Urkundenfä­lschung zu 4,5 Jahren verurteilt worden. Aufgrund seiner Krebserkra­nkung wurde er nach drei Jahren entlassen.

Kujau fälschte weiter

Die 62 Bände der gefälschte­n Tagebücher werden im Archiv von Gruner + Jahr, im Bundesarch­iv (Koblenz), im Haus der Geschichte (Bonn) und im Hamburger Polizeimus­eum verwahrt. Nummer 63 schuf Kujau erst 1989, also während seiner Haft. Laut den Katalogang­aben landete dieses Heft als Schenkung des Fälschers in einer Privatsamm­lung in Berlin. Dort gelangte es 2004 erstmals beim Auktionsha­us Jeschke, Greve & Hauff zur Versteiger­ung, wo es jener Hamburger Sammler für 6500 Euro erwarb, der nun als Verkäufer fungiert.

Damals hatte sich auch herausgest­ellt, dass die Gesamtzahl der gefälschte­n Tagebuchbä­nde größer sein dürfte. Denn er habe im Gefängnis noch weitere Exemplare gefertigt, zitierten Medien Kujaus Nichte. Den eilfertige­n Käufern habe er jedes Mal erzählt, es sei das einzige. (kron)

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