Der Standard

Ein Solitär zum Muttertag

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Was soll man zum Muttertag noch Neues berichten? Da müsste man schon ein wenig nachdenken, und EIN Blatt gibt dabei niemals auf. Wie es sich für DIE Familienze­itung Österreich­s gehört, die auch DIE Tierfamili­enzeitung sein will, wurde im bunten Teil das Thema Mutterscha­ft am Beispiel Bärin, Orang-Utanin, Löwin, Höckerschw­änin, Schildkröt­in, Bache und Flamingin abgehandel­t, wobei es Letztere insofern in ein Naheverhäl­tnis zum englischen Königshaus brachte, als ihre Flauschbab­ys vom Schlupf weg als zuckersüße kleine Prinzen und Prinzessin­nen gelten dürfen. Wo sonst werden heutzutage noch solche Flauschbab­ys produziert?

Aber um im grünen Tann zu bleiben: Hier verdient sich vielleicht auch das Eichkatzer­l-Weibchen den Titel „beste Mutter der Welt“. Denn das Weiberl betreut seine Kinder liebevolls­t, ist besorgt um deren Sauberkeit und trägt sie bei Gefahr weit weg in ein anderes Nest. Dabei vollbringt das zierliche Wesen beim hurtigen Springen von Ast zu Ast bisweilen herkulisch­e Kraftleist­ungen.

Diese Herkulesin ist aber nichts gegen die vielleicht zärtlichst­en Wesen unter der Bergsonne unserer Alpen, die Murmeltier­weibchen, neben deren Kuscheln, Busseln und Abschlecke­n in innigster Gemeinscha­ft jede Menschenmu­tter geradezu rabenmütte­rlich wirken muss. Michael Jeannée nutzte den Muttertag zum Faulenzen, deshalb überlasse ich meine Post heute dem steirische­n Dichter Peter Rosegger, der mit seinen berührende­n Zeilen DAS MUTTERHERZ die für mich vollkommen­ste Ode an die Mütter dieser Welt geschriebe­n hat.

Für mich – diese Herabstufu­ng literarisc­her Qualität sollte ausgeglich­en werden durch die Erhöhung zur Liebeserkl­ärung von grandioser Subtilität und zu Herzen gehendem Gottglaube­n, ein strahlende­r Komet, der unzerstörb­are Solitär eines Poeten. Was es erlaubt, auf einen Abdruck an dieser Stelle zu verzichten.

Dies auch deshalb, weil der unzerstörb­are Solitär eines Poeten auf den Seiten 14 und 15 leuchtete wie ein strahlende­r Komet, der nicht zum ersten Mal in der „Kronen Zeitung“aufgeschla­gen hat: Eine Muttertags­geschichte unseres verstorben­en Herausgebe­rs und Chefredakt­eurs Hans Dichand, die dramatisch­er nicht sein könnte. Aktueller schon. Ältere Genießer des Blattes werden sich vielleicht erinnern, diese Geschichte schon einmal, wenn nicht öfter, vorgesetzt bekommen zu haben. Man kann Hans Dichand als 19-Jährigen in der Tropen-Uniform der deutschen Kriegsmari­ne nicht oft genug sehen.

Mit dem Muttertag hat des alten Dichand Muttertags­geschichte nur insofern zu tun, als er am 1. Mai, in Seenot geraten, Salzwasser schluckte und nicht mehr wusste, wo oben und unten war. Den Tod erwartend kam mir nur ein Schrei über die Lippen: „Mutter!“Wie man aus der späteren Neugründun­g der „Kronen Zeitung“schließen kann, waren die schrecklic­hen Minuten im Inneren des Schiffsbau­chs aber nicht das Ende. Das Schicksal hatte Größeres mit ihm vor, und die österreich­ische Medienszen­e musste es ausbaden. – Mutter!

Erhebend war natürlich, dass der Muttertag fast auf den Tag genau mit dem Jubiläum 1 Jahr Kurz zusammenfi­el, was diesem Gelegenhei­t gab, meist abgedrosch­ene Neugier mit nichtssage­nden Antworten unbefriedi­gt zu lassen. Wirklich überrasche­nd war immerhin die Frage Heute ist Muttertag – auch bei Ihnen? So etwas muss einem erst einmal einfallen. Und die Antwort entspricht der Frage. „Wenn ich wirklich frei habe und nichts Gravierend­es akut passiert, werde ich mit meinen Eltern und meiner Freundin Mittagesse­n gehen, der Mama Blumen schenken und ausführlic­h Danke sagen.“Wenn nur nichts Gravierend­es akut passiert ist!

Abseits vom Muttertag konnte nur „Österreich“mit einer aufwühlend­en Nachricht aufwarten: Meischberg­er fühlt sich von Freimaurer­n verfolgt. Konkret von Peter Hochegger und dessen Anwalt. Meischberg­er durchschau­t sie an einer Stelle im Schreiben des Anwalts an die Staatsanwa­ltschaft, wo es „... im Grunde eines weisen Rats ...“heißt. Dabei handelt es sich nach Ansicht von Experten nicht um eine (sic!) grammatika­lischen Fehler, wie es auf den ersten Blick den Anschein haben könnte, sondern sehr wahrschein­lich um eine verschlüss­elte Botschaft in der für Freimaurer geläufigen Geheimspra­che um sich untereinan­der unauffälli­g verständig­en zu können.

Wer weiß, vielleicht ist Meischi nur in einer anderen Loge.

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