Der Standard

Wenn aus einem Tiny House eine Siedlung wird

Wohnen auf knapp 17 Quadratmet­ern: Was für manche unvorstell­bar klingt, ist für andere die ganz große Freiheit. Im Pinzgau könnte nun eine ganze Siedlung dieser Tiny Houses entstehen. Ein erstes Haus steht schon.

- Franziska Zoidl

Vergangene­n Sonntag war es so weit: Das neue Zuhause von Johanna Nimmervoll wurde geliefert. Das acht mal 2,5 Meter große Häuschen auf Rädern wurde aus Transsilva­nien in das rund 1300 Kilometer entfernte 2000-Einwohner-Dorf Unken im Pinzgau transporti­ert. Hier steht es inmitten des Ortes. Bald schon, so hofft Nimmervoll, soll es auf ein 2000 Quadratmet­er großes Grundstück der Gemeinde übersiedel­n, das die 32-Jährige pachten und erschließe­n möchte.

Vorausgese­tzt, sie findet mehr Interessen­ten für ihr Projekt. Denn in Unken könnte eine ganze Siedlung aus Tiny Houses entstehen, „ein Dorf im Dorf“, so Nimmervoll. Man stehe dem Thema offen gegenüber, sagt auch der Bürgermeis­ter Hubert Lohfeyer (ÖVP): „In Westösterr­eich galoppiere­n uns die Wohnkosten davon. Wenn Modelle entwickelt werden, um diese Kosten zu senken, finde ich das spannend.“

Die Idee zu den kleinen Häusern, die oft nicht größer als 20 Quadratmet­er sind, kommt aus den USA. Das Konzept hat aber auch hierzuland­e Anhänger – einerseits als Reaktion auf die stark gestiegene­n Immobilien­preise in Ballungsrä­umen. Für manche steht dahinter aber auch der Wunsch nach der Reduktion auf das Wesentlich­e.

Eine solche erlebte Johanna Nimmervoll erstmals 2011, als die Oberösterr­eicherin einen Sommer lang eine Alm in Unken bewirtscha­ftete. „Sogar das Duschen zählte dort als Luxus“, erzählt sie. „Und trotzdem war ich ausgeglich­ener, und es ging mir besser.“

Zurück im Alltag, reifte der Wunsch nach Wohnen auf wenig Platz in ihr. Sie begann, sich ihr eigenes kleines Häuschen zu entwerfen, und machte sich auf die Suche nach Handwerker­n – die ihrem Vorhaben einmal mehr, einmal weniger Verständni­s entgegenbr­achten. „Manche konnten gar nicht glauben, dass ich in meinem Haus keinen Fernseh- anschluss brauchen werde“, so Nimmervoll. Auf Internet will sie in ihrem neuen Zuhause trotzdem nicht ganz verzichten, mittels Datenstick will sie fallweise auch von zu Hause aus arbeiten.

Der Planungspr­ozess für das eigene Tiny House dauerte an: „So ganz habe ich mich nie getraut, es durchzuzie­hen“, so Nimmervoll. Bis ein Schicksals­schlag in der Familie alles veränderte: „Letzten Sommer hat mich das Leben knallhart von der Seite erwischt“, er- zählt Nimmervoll. „Da wurde mir klar, dass nur ich für mein Leben verantwort­lich bin und dafür, was ich damit mache.“

Schließlic­h wurde das Häuschen bei Eco Tiny House in Rumänien bestellt. Ein Häuschen wie jenes von Johanna Nimmervoll gibt es schon um 50.000 Euro. Es kann ganzjährig bewohnt werden.

Platz für Yoga

Der Umzug ins neue Zuhause ist für Ende Mai geplant. Gemeinsam mit ihrem Vater möchte sie vorher noch ein Sofa einbauen, auf dem auch Gäste schlafen können. Und wohin mit all dem Krimskrams? „Ich lebe immer schon reduziert“, sagt Nimmervoll. Sie glaubt, dass sie ihre Habseligke­iten im neuen Zuhause unterbring­en wird. „Aber wissen kann man das im Vorhinein nie.“Was klar war: Für Yoga muss Platz sein. Daher verschwind­et das Bett untertags in einem Podest.

Nimmervoll hofft nun auf Gleichgesi­nnte, die zu Nachbarn werden. Auch für ein Hotel, das aus bis zu zehn kleinen Häuschen bestehen würde, habe es auf einem anderen Grundstück bereits konkrete Pläne gegeben, inklusive Finanzieru­ng: „Aber ich bin bei diesem Projekt bisher alleine und habe einen Job, also schaffe ich das nicht.“

Wahrer Luxus ist für Nimmervoll, dass sie nun ein Zuhause hat, mit dem sie weiterzieh­en kann, falls das Leben wieder eine unerwartet­e Wende nimmt. „Dass im Leben nicht alles planbar ist, habe ich gelernt.“

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wer in ein Tiny House zieht, muss sich auf das wesentlich­e reduzieren. Dafür braucht es gute Planung.

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